Der große Run auf die Neuen Medien

Mediengestaltung und Webdesign erscheinen vielen Arbeitssuchenden attraktiv. Die Wege dorthin sind vielfältig, die Konkurrenz nimmt jedoch zu

von TILMAN VON ROHDEN

N. H. aus Berlin scheint eine gefragte Frau zu sein: Noch bevor sie ihre Umschulung zur Mediengestalterin beendet hat, zeigte ein Medienbüro Interesse, sie zu engagieren. Doch die 31-Jährige will zunächst ihre zwei Jahre dauernde Umschulung beenden.

Eine Umschulung oder Weiterbildung zum Mediengestalter, Webdesigner oder artverwandte Jobs erscheint vielen Arbeitssuchenden attraktiv. Bundesweit offerieren knapp 90 auf Information und Kommunikation spezialisierte Bildungseinrichtungen rund 500 verschiedene Kurstypen, wobei der Löwenanteil Design ausmacht. Darunter fasst der Deutsche Multimediaverband (DMMV) die fünf Tätigkeitsfelder Screendesign (für CD-ROMs und DVDs), Web-, Game-, Animations- sowie 3-D-Design.

Ins Design führen viele Wege, selbst Autodidakten haben noch Berufschancen. Aber „das Berufsfeld professionalisiert sich zusehends“, gibt Werner Dostal vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) zu bedenken. „Das Nachsehen haben Glücksritter, Autodidakten, gering Qualifizierte und Ältere.“

Interessierte Quereinsteiger, die auf eine formale Qualifikation Wert legen, können zwischen einjährigen Kursen, die mit einem Zertifikat enden, und zwei Jahre dauernden Ausbildungen, die mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) abschließen, wählen. „Welcher Weg der richtige ist, hängt von der Vorbildung ab“, sagt Lutz Goertz, beim DMMV für Aus- und Weiterbildung zuständig. „Es ist nicht möglich, einen gänzlich Unbeleckten von 0 auf 100 innerhalb eines Jahres zu bringen.“

Ein radikaler Schnitt im Berufsleben, sei immer ein „Notbehelf für aus der Bahn Geworfene“, assistiert Dostal. Andererseits seien Umschulungen der „Kitt einer sich schnell ändernden Berufswelt.“ Die Berufschancen für Mediengestalter, die oft im Bereich Neue Medien arbeiten, hängen von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere von der Konjunktur der Informations- und Kommunikationsbranche (IT-Branche) ab. Letztere kann von den Boomzahlen des Jahres 2000 nur noch träumen, denn die rasante positive Entwicklung ist deutlich abgeflacht, doch stetig.

Diese generellen Feststellungen spiegeln sich jedoch nur bedingt in den konkreten Jobchancen für umgeschulte oder weitergebildete Mediengestalter wider. Die Vermittlungsquoten von erfolgreichen Kursteilnehmern lagen in den vergangenen Jahren im Korridor zwischen 70 und 100 Prozent. „Es ist nicht nachweisbar, dass die Quote seit dem Jahr 2000 gesunken ist“, stellt IT-Berufsforscher Dostal fest. Das liegt möglicherweise daran, dass das IAB einen Rückgang schlichtweg nicht messen kann, weil sich das Chamäleon IT-Branche so schnell wandelt, dass die auf bewährte Kriterien angewiesenen Statistiker nicht mehr nachkommen.

Macht man die optimistische Annahme, dass die Arbeitsämter exakt gemäß den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes umschulen, scheinen sich die Berufsaussichten für Mediengestalter, Layouter, Webdesigner et cetera im abgelaufenen Jahr sogar verbessert zu haben, denn die Arbeitsämter haben sich in diesem Segment verstärkt engagiert: Während sie 2000 3.405 Mediengestalter umschulten, waren es im letzten Jahr 4.426 (aus methodischen Gründen sind diese vergleichbaren Absolventenzahlen konservativ gehalten, de facto wurden wohl wesentlich mehr klassische Designer geschult). Es zeigt sich eine leichte Tendenz zu zweijährigen Ausbildungen, wobei die einjährigen absolut gesehen deutlich überwiegen.

Mediengestalter sind laut der Weiterbildungseinrichtung Cimdata, eines der wenigen vom DMMV zertifizierten Unternehmen, zurzeit besonders in Hamburg und München gefragt. Berlin, nach seinem Selbstverständnis die Hauptstadt für Neue Medien, stecke in einer Konsolidierungsphase. Das zeige sich auch daran, so Cimdata, dass die bundesweiten Vermittlungen des in Berlin ansässigen Unternehmens um zehn Prozent angestiegen seien.

Die durchschnittliche Vermittlungsdauer habe sich um einen Monat verlängert, die Vermittlungsquote sei um drei Prozent auf 73 Prozent zurückgegangen. Der Beruf habe „Zukunftspotenzial“, so die Cimdata-Einschätzung, für Berlin lautet die Prognose jedoch nur „leicht steigend“.

Nach Angaben des DMMV wurden 2001 sehr viele Mediengestalter entlassen. Mittlerweile sei eine Trendwende sichtbar, die Nachfrage ziehe an. Aber nur die Besten würden davon profitieren, denn die Unternehmen achteten viel stärker auf die Qualität der Bewerber als in der Vergangenheit. Womit wir wieder bei N. H. wären: Die Umschülerin ist in ihrem Kurs die Nummer eins.