Datenbank gegen Biopatente

Indien baut ein Informationssystem über traditionelles Naturwissen auf, um die Patentansprüche von transnationalen Konzernen zurückweisen zu können

BERLIN taz ■ Im kommenden Juni geht in Indien eine Datenbank in Betrieb, mit deren Hilfe die Patentansprüche transnationaler Konzerne abgewehrt werden sollen. Das Informationssystem wird das traditionelle Wissen der Bevölkerung über Pflanzen und Tiere sowie über die heilende Wirkung natürlicher Substanzen enthalten. Das sagte Ragunath Mashelkar, Direktor des indischen Rates für Wissenschaftliche und Industrielle Forschung, während der Jahrestagung einer US-Wissenschaftler-Vereinigung in Boston.

Mit der Datenbank sollen Fälle wie die Patentierung der antibakteriell wirkenden Substanzen des Neembaumes durch den US-Konzern Grace unmöglich gemacht werden. Die Patentierung durch westliche Konzerne führt häufig dazu, dass die Preise für traditionelle Verfahren extrem steigen oder einheimische Bauern Lizenzgebühren für den Anbau von Pflanzen bezahlen müssen. Die Unternehmen melden ihre Patente in der Regel mit dem Hinweis darauf an, dass es sich bei den alten Verfahren oder Substanzen um eine neue Erfindung handele. Dass dies nicht stimmt, lässt sich bisher oft schlecht nachweisen, weil das traditionelle Know-how den Patentämtern der Industrieländer nicht zugänglich ist. Die neue Datenbank soll die Informationen ab Mitte des Jahres zur Verfügung stellen.

Das Informationssystem wird auch Angaben über natürliche Heilverfahren enthalten, die den Präparaten der Pharmaunternehmen überlegen sind. Ein traditionelles Mittel gegen Magengeschwüre wirkt nach Angaben des indischen Wissenschaftlerrates zum Beispiel doppelt so schnell wie das beste Medikament aus den Forschungslabors der großen Firmen. Mashelkar geht davon aus, dass bald weitere Länder des Südens ähnliche Datensätze aufbauen, um der Biopiraterie etwas entgegenzusetzen.

HANNES KOCH