piwik no script img

WillensbekundungenGegen Menschenhandel

■ Beratung? Ja. Finanzieren? Mal sehen / Zwangsprostitution in der Bürgerschaft

Opfer von Zwangsprostitution sollen künftig in Bremen kompetent beraten werden. Darin waren sich gestern in der Bremischen Bürgerschaft alle Fraktionen einig. CDU und SPD forderten, ein Beratungs- und Hilfsangebot für die Opfer zu konzipieren und einen Finanzierungsvorschlag zu entwickeln. Helfen sollen dem Senat dabei die evangelische Kirche, die Diakonie und die Prostituierten-Organisation Nitribitt.

In der Debatte ist eine unabhängige Beratungsstelle schon seit 1998. Es fehlte jedoch bislang ein Finanzierungskonzept. In den letzten Haushaltsberatungen hatte die grüne Bürgerschaftsfraktion beantragt, 125.000 Euro bereit zu stellen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt. Dennoch betonte die Große Koalition gestern, gegen Zwangsprostitution müsse dringend etwas getan werden.

Gehandelt hat indessen nur der Innensenator. Kuno Böse (CDU) hat innerhalb der Polizei Stellen umverteilt, um stärker gegen Frauenhandel vorzugehen. In puncto Beratung durch Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen ist jedoch nichts passiert, kritisieren die Grünen. Sie waren gestern auch gegen den Antrag von SPD und CDU, zuerst ein Finanzierungskonzept zu entwickeln. „In der Beschlussvorlage steht nicht einmal ein Datum, bis wann ein Konzept entwickelt werden soll. Die Koalition kann die Einrichtung der Stelle also ewig hinauszögern“, sagte Doris Hoch, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen.

Bislang gibt es in Bremen zwei Stellen, die sich um die Beratung von Zwangsprostituierten bemühen: Zum einen die evangelische Frauenhilfe, die laut Hoch sechs Beratungsstunden pro Woche anbietet, „weil die Bürgerschaft es nicht packt, eine solche Stelle zu beschließen.“ Auch die Prostituierten-Organisation Nitribitt trägt die Beratung mit. Beide Einrichtungen sprechen sich aber für eine separate Anlaufstelle für Zwangsprostituierte aus. Doris Hoch: „Das Abstimmungsergebnis überrascht mich nicht – es macht mich wütend.“ Ulrike Bendrat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen