„Journalisten sind Dreck und Fäkalien“

Tschechiens Ministerpräsident Miloš Zeman liebt Alkohol, Nikotin und starke Worte. Und er ist gern unpopulär

Gern rühmt er sich, der provokanteste Politiker Europas zu sein. Er liebt Alkohol und Nikotin und hasst Journalisten und Nicht-Workoholics. Intelligenzbestie oder Psychopath – die schwarz-weiße Welt des tschechischen Premierministers Miloš Zeman kennt keine Abstufungen. Seine Aussprüche schon längst den Weg in die tschechische Folklore gefunden. Wie etwa: „Ich bewundere Impotente, die Erotiklehrbücher schreiben.“

Zemans größte Potenz lag schon immer in seinen autodidaktischen Fähigkeiten. Weil er schon dem kommunistischen Regime zu frech war, ließ es den jungen Zeman nicht an seine Unis. Per Fernstudium an der Prager Hochschule für Wirtschaftswissenschaften bildete er sich in Eigenregie zum Ökonomen aus. Ersten politischen Enthusiasmus bewies Zeman während des „Prager Frühlings“. Im Glauben an Alexander Dubčeks „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ trat der damals 23-Jährige in die KP ein und stellte dort als Erstes einen Antrag auf Erneuerung der tschechoslowakischen Sozialdemokratie. Knapp zwei Jahre später wurde Zeman den Normalisierern unter Gustav Husák zu vorlaut, sie schmissen ihn kurzerhand aus der Partei. Nicht viel anders erging es ihm bei seiner Arbeit als Gesellschaftsprognostiker: Das Sportzentrum, in dem Zeman 14 Jahre lang gesellschaftliche Modelle entwarf, wurde wegen einer allzu kritischen Studie geschlossen.

Steil bergauf ging es mit Zemans Karriere nach der so genannten Samtenen Revolution. Als die tschechischen Sozialdemokraten 1992 wieder auferstanden, gehörte Zeman zu ihren ersten Mitgliedern und wurde im Jahr darauf ihr Vorsitzender.

In den eigenen Reihen wird Zeman dafür bewundert, dass er die Partei innerhalb von sechs Jahren von nichts auf die Regierungsbank führte. Legendär wurde der so genannte Zemak, ein verbeulte Kleinbus, in dem Zeman während der Wahlkampagne 1996 wochenlang durch die böhmischen Dörfer reiste.

Gefürchtet wird indes Zemans scharfe Zunge, die er gegen unliebsame Parteigenossen einsetzt. So handelte sich Petra Buzkova, jung, aufstrebend, attraktiv und parteiinterne Lieblingsfeindin Zemans nicht nur einen Rüffel wegen angeblicher Faulheit ein. Die Vizeparlamentspräsidentin wurde Opfer einer Intrige des Zeman-Teams, das sie als Exprostituierte und Rabenmutter darzustellen versuchte.

„Journalisten sind Dummköpfe, Dreck und Fäkalien.“ Wenn Zeman nicht gerade seine Hitler-Vergleiche zieht, gelten seine Bonmots vor allem Journalisten. Die macht er selbst für den Selbstmordversuch seines Sohnes verantwortlich. Seine Drohung die Hyäne Journalist mit Feuer und Schwert auszurotten, machte er letztes Jahr wahr, als er die Wochenzeitung Respekt verklagen wollte. Das Blatt müsse eingehen, begründete Zeman seine Absichten.

Nach Ablauf der Legislaturperiode im Juni will sich Zeman aus der Politik zurückziehen und im böhmisch-mährischen Hochland „Bäume umarmen“. Er fühle sich befreit und würde ohne Rücksicht auf Verluste das sagen, was er denkt, meinen Beobachter. Er ist total verrückt geworden, glauben andere. Zeman selbst lässt keine Zweifel an seinem Geisteszustand zu. Nach der Rückkehr aus Israel klärte er seine Kritiker auf: „Ich bin sehr gerne unpopulär, das bereitet mir ein geradezu masochistisches Vergnügen.“ ULRIKE BRAUN