„Das ist Gift für die Wirtschaft“

Bundesfinanzminister Hans Eichel sollte Subventionen für die Landwirtschaft und den Bergbau kürzen, meint Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung

taz: SPD-Finanzminister Hans Eichel will bis 2004 rund 50 Milliarden Euro aus den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden herauskürzen, etwa acht Prozent der Ausgaben. Ist das möglich, ohne massive gesellschaftliche Konflikte auszulösen?

Dieter Vesper: schwer vorstellbar. Die Sparpolitik trifft besonders diejenigen, die von staatlichen Leistungen abhängen. Ohne Kürzungen im sozialen Bereich und bei der Unterstützung Arbeitsloser wird Eichel sein Ziel wohl kaum erreichen.

Rot-Grün betreibt vornehmlich Sparpolitik. Müsste die Regierung nicht auch die Einnahmen erhöhen?

Seit Jahren werden die Spitzensteuersätze für große Einkommen reduziert. Auch die Unternehmen profitieren von erheblichen Entlastungen. Wobei bisher nicht erkennbar ist, dass beides die wirtschaftliche Entwicklung wesentlich gefördert hätte. Dennoch befürwortet die Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler diesen Trend. Wenn man im Rahmen des herrschenden Diskurses bleiben will, könnte man die indirekten Steuern erhöhen – zum Beispiel die Mehrwertsteuer.

Das würde den Verbrauchern das Geld aus der Tasche ziehen, das sie eigentlich ausgeben sollen, um das Wachstum anzukurbeln.

Angesichts der Konjunkturkrise sind sowohl Ausgabenkürzungen als auch Steuererhöhungen Gift für die Wirtschaft. Eichel hätte besser daran getan, den blauen Brief aus Brüssel zu kassieren und sich nicht dermaßen unter Druck zu setzen. Wenn man die Haushaltsdefizite derart rigide zurückfahren will, wird das die wirtschaftliche Erholung verzögern.

Manche Einkommensarten werden bisher kaum besteuert, etwa Gewinne aus Aktienverkäufen. Könnte sich die Regierung an solchen Stellen nicht zusätzliches Geld holen?

Das lässt sich kaum realisieren. Denn dann müsste man auch die Verluste berücksichtigen.

Würden Sie die Abgaben auf hohe Einkommen erhöhen?

Nein, dieser Zug ist wohl abgefahren. Der Trend geht in die andere Richtung. Steuerpolitik zur Umverteilung ist nicht mehr in.

Was sollte man denn jetzt tun?

Auf jeden Fall muss man Subventionen abbauen. Die Eigenheimzulage für den Bau von Einfamilienhäusern kostet nicht nur Geld, sondern fördert auch die Zersiedelung der Landschaft. Auch der Landwirtschaft gibt der Staat zu viel, ebenso dem Bergbau.

INTERVIEW: HANNES KOCH