Rücktritt angepeilt

Arbeitsminister Riester frohlockt: Arbeitsamtschef Jagoda will Reform nicht im Weg stehen. Jetzt steht nur noch das Beamtenrecht im Weg

BERLIN taz ■ Mehr als drei Stunden hatte der Sozialausschuss des Bundestages gestern getagt, dann trat Arbeitsminister Riester vor die Medien – sichtlich erleichtert, ja strahlend. Denn er konnte den faktischen Rücktritt von Bernhard Jagoda verkünden, dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit. Nach mehr als zwei Wochen Stellenpoker kam dies so unerwartet, dass fast hundert Journalisten verblüfft schwiegen. „Da sind Sie aber überrascht, was?“, freute sich Riester.

Jagoda habe gesagt, er werde nicht im Wege stehen, falls die Regierung ihm nicht zutraue, eine Reform der Arbeitsämter umzusetzen. „Das war ein gutes Signal von Herrn Jagoda“, lobte Riester. „Ein Signal, das wir sofort aufgreifen werden.“ Was dieses „sofort“ bedeutet, wollte er allerdings auch auf Nachfrage nicht erläutern, sondern beschränkte sich auf das Synonym „unmittelbar“. Unmittelbar soll nun mit Jagoda weiterverhandelt werden, der darauf besteht, dass ein „ordentlicher Weg“ für seinen Rückzug aus dem Amt gefunden wird.

Dies dürfte allerdings gar nicht so einfach werden. Denn Jagoda ist „Beamter auf Zeit“ und damit unkündbar – solange ihm keine schweren Dienstvergehen nachgewiesen werden. Dass Jagoda solche nicht bei sich erkennen kann – das fand gestern selbst die Grünen-Politikerin Thea Dückert „korrekt“, die Jagodas Rücktritt bereits seit dem Wochenende fordert. Doch so wenig man Jagoda kündigen kann, so schwierig ist es für ihn, selbst zurückzutreten. Denn dann würde er einen Teil seiner Ruhegelder verlieren. Was also ein „ordentlicher Weg“ sein könnte – dies bleibt abzuwarten.

Im Sozialausschuss hatte der Bundesrechnungshof nochmals bestätigt, dass von den ausgewiesenen Vermittlungen der Arbeitsämter nur etwa 30 Prozent stattgefunden haben.

Riester kündigte an, demnächst Eckpunkte für eine Gesamtreform der Bundesanstalt für Arbeit vorzulegen: „Nicht heute, aber sehr schnell“. Allerdings werde das neue Konzept nicht mehr vor der Wahl verabschiedet.

Ein Reformansatz wird die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sein. Dies soll im Rahmen der Gemeindefinanzreform geschehen, die Finanzminister Hans Eichel für das Jahr 2003 nach der Bundestagswahl plant. ULRIKE HERRMANN