TÜV-geprüft nach Eidelstedt

■ Der FC St. Pauli buddelt am Brummerskamp sein Nachwuchsleistungszentrum aus

Immer wenn der Regen kam, schoben die Hoffnungsträger des FC St. Pauli bisher reichlich Frust. Da an einen Kick auf den Grandplätzen auf dem Heiligengeistfeld und am Brummerskamp bei zu viel Nass von oben kaum zu denken war, hieß die Alternative meist Laufen in Planten un Blomen. Etwa ein Drittel der Trainingseinheiten der Jugend-Leistungsmannschaften, so die Schätzung des Jugendkoordinators Andreas Bergmann, sei bei Hamburger Schietwetter ausgefallen. Doch der Wettbewerbsnachteil, der dem viel geforderten Ballgefühl der Akteure nicht eben dienlich ist, wird demnächst der Vergangenheit angehören. Seit Mittwoch kreischen die Motorsägen, rollen rumorend die Bagger: Für knapp 1,5 Millionen Euro aus den Etats dieser und der kommenden Spielzeit errichtet der Verein in Eidelstedt das neue Jugend-Leistungszentrum. Allein ein gutes Drittel dieser Summe ist dabei für einen Kunstrasenplatz veranschlagt, der dem ewigen Regen als zentraler Bestandteil der Anlage trotzen wird. Die Maße 120 mal 80 Meter werden dafür sorgen, dass ab dem Sommer sogar zwei Mannschaften parallel mit der Kugel am Fuß darauf üben können.

Das durften die Baseballer mit ihrem Spielgerät an selbiger Stelle nicht mehr, nachdem die Anwohner wegen Lärmbelästigung erfolgreich geklagt hatten. Damit es den Kiez-Kickern im Eidelstedter Exil nicht ähnlich ergeht, hat das zuständige Bezirksamt Eimsbüttel vorsorglich ein TÜV-Gutachten erstellen lassen, welches den Fußballbetrieb gutheißt. Die Anlage, verlautet die Behörde., sei nun „einem vernünftigen Zweck zugeführt“, nicht zuletzt dank eines Sportrahmenvertrags, der die entgeltlose Nutzung auf 25 Jahre festschreibt. Ohnehin wolle man ja, so Tatjana Groeteke, „in guter Nachbarschaft“ leben. So wird auch die anliegende Julius-Leber-Gesamtschule einige Einrichtungen der Anlage nutzen.

An ein Jugend-Internat, wie es etwa die Lokalkonkurrenz unterhält, ist aber in absehbarer Zeit nicht gedacht. Andreas Bergmann, der aus seiner Zeit in Karlsruhe Erfahrung mit einer Kicker-Herberge hat, spricht von einer „hohen Verantwortung, der man erst mal gerecht werden muss.“ Die schwierige Konstruktion müsse auch unter dem Betreuungsaspekt „überschaubar und leistbar“ sein. Sinn machen würde ein Internat zum jetzigen Zeitpunkt für St. Pauli auch deshalb nicht, weil der Verein überregional im hart umkämpften Talentemarkt ohnehin kaum mit den Top-Clubs konkurrieren kann. Und von denen hat selbst Leverkusen kein Internat.

Stattdessen will man sich voll auf die Nachwuchsförderung im Großraum Hamburg konzentrieren. Da können die Talente dann weiter bei Mama und Papa wohnen. Sollte doch der eine oder andere Jungki-cker von weiter her dazustoßen, kann der Verein schon jetzt auf eine Wohnung an der Kieler Straße zurückgreifen, wo derzeit zwei A-Jugendliche aus Berlin untergebracht sind. Eine Anmietung weiterer Domizile für diesen Zweck wird nicht ausgeschlossen. „Hochtalentierte Jungs haben bei St. Pauli wirklich eine Chance“, verkündet Bergmann und nennt Namen wie Alex Meier und Heiko Ansorge, die man bereits an den Verein gebunden hat. Pro Jahr sollen zwei Kicker aus dem eigenen Nachwuchs für einen Profi-Vertrag fit gemacht werden. Den einen oder anderen davon, so die stille Hoffnung, wird man dann auch langfristig an sich binden können. Bergmann: „Bei Pauli können junge Spieler die Tür zum Profi-Geschäft wirklich noch aufstoßen. Und das war auch ein Grund für mich hier anzufangen.“ Das neue Nachwuchszentrum schreibt nicht nur der DFB für die Lizenzerteilung zwingend vor – womöglich demnächst auch für Liga Zwo – ,sondern ist für Bergmann schlicht „die Bedingung, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein“. Auch nach einem Abstieg - und erst recht bei viel Regen. Jörg Feyer