Ungeschächtete Lederlenkräder

■ Ein Neustädter Laden verkauft kein Leder von geschächteten Tieren und weist in seinem Schaufenster darauf hin / Ist der tierfreundliche Besitzer ein AusländerInnenfeind?

In einem Neustädter Lederladen liegt ein Schild im Schaufenster, das die Kundschaft darauf hinweist, dass dieser Laden kein Leder aus der Türkei, Israel oder anderen arabischen Ländern verkauft, in denen Tiere geschächtet werden: „Die jetzt von der Regierung gesetzlich legalisierten Ritualmorde lehnen wir ab. ,Menschen', die auf unserem Grund und Boden so etwas praktizieren, werden ewig Fremde bleiben. Sie sollten nach Hause gehen.“

Ladeninhaber Rolf Zacharias, der zwar Lenkräder mit Tierhaut bezieht, aber sich selbst als Tierfreund bezeichnet, betont seine Haltung im Gespräch: „Die, die uns hier ihre Kultur aufs Auge drücken wollen, die sollen nach Hause gehen.“ Wer „die“ sind, bleibt dabei unklar. Es folgt ein Rundumschlag, der viele üblen Vorurteile gegenüber TürkInnen bedient: Von der Ablehnung der Kulturvereine – „die wollen sich doch gar nicht integrieren“ – über die vermutete staatliche Bevorzugung von AusländerInnen gegenüber InländerInnen – „Die kriegen umsonst Deutschkurse und oft die besseren Jobs“ – bis hin zu einem verallgemeinernden „Alles Drogenmafia“-Vorwurf.

Den Drogenhochburg-Vorwurf in der Neustadt kann Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer nicht bestätigen. „Natürlich hat auch die Neustadt nicht nur ihre Stärken, sondern auch ihre Schwächen, aber das stimmt so nicht.“

Wolfgang Brakhane vom Einzelhandelsverband Nordsee äußert sich zu dem problematischen Schaufensterschmuck: „Es ist ja nichts dagegen zu sagen, dass er solches Leder nicht verkaufen will, aber was dann folgt, hat in einem Schaufenster nichts zu suchen“. Und weiter: „Solche Leute sind im Einzelhandelsverband gewiss nicht willkommen.“

Und Gule Iletmis vom Dachverband der Ausländer-Kulturvereine in Bremen e.V. und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete stellt klar : „Die Schlussfolgerung, dass die AusländerInnen, die schächten, aus dem Land gewiesen werden sollen, ist total falsch und mindestens versteckte Ausländerfeindlichkeit. Auch in der Türkei würde das Schächten kritisch gesehen. Außerdem dürfe der Ladeninhaber, wenn er sich als Tierfreund begreift, konsequenterweise gar kein Leder verkaufen, so Iletmis.

Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill betont, es dürfe in Deutschland nur unter bestimmten Voraussetzungen und von Fachleuten geschächtet werden. Ein deutscher Schlachter habe ihr bestätigt, dass, wenn fachmännisch geschächtet würde, die Tiere nicht leiden müssten. Lill verlangt eine nicht-emotionalisierte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Auf die Frage, ob er ihm bekannte Türken schon einmal danach gefragt habe, was sie von seinem Schild halten, ist er sich sicher: „Die muss ich gar nicht fragen. Ich weiß, dass die damit einverstanden sind und sich davon auch nicht angegriffen fühlen.“

Der Mann, der das sagt, will „sauberes Leder“ verkaufen. „Sauber“ heißt für ihn: Nicht von geschächteten Tieren und nicht mit der Chemikalie PCP behandelt. Seine Kundschaft hätte bis jetzt nur positiv reagiert, behauptet er. ube