Wahl als Signal

■ Heute wird der neue Präsident der Hochschule für bildende Künste gewählt

Fünf Männer streiten um das Erbe einer Frau. Der große Hochschulsenat der Hochschule für bildende Künste (HfbK) kürt heute Abend den Nachfolger von Adrienne Goehler. Sie leitete die HfbK als Präsidentin zwölf Jahre lang, bis sie im Juni vorigen Jahres als Kurzzeit-Senatorin für Wissenschaft und Kultur nach Berlin wechselte. Die Wahl hat mehr als symbolischen Charakter, denn das im vorigen Sommer geänderte Hamburger Hochschulgesetz räumt dem neuen Präsidenten eine weitaus höhere Machtbefugnis ein. „Es wird spannend“, prophezeit Gerd Roscher, Wahlorganisator und Dekan für Visuelle Kommunikation.

Ein interessantes Signal wäre die Entscheidung für den Münchner Unternehmensberater Chris-toph-Friedrich von Braun, der schwerpunktmäßig Innovationen in der Wirtschaft untersucht. Neben dem Fachbereich Industrial Design favorisieren gerade die traditionell linken HochschullehrerInnen am Lerchenfeld in Hohenfelde den ehemaligen Siemensberater. Der stark auf Kommunikation setzende von Braun hat wohl die Erwartung geweckt, er könnte die Hochschule gegenüber dem Staat stärken. Allerdings müsste der Quer-Einsteiger einen Bezug zu künstlerischen Arbeitsprozessen erst finden. Adrienne Goehler, die als Kunstfremde anfangs sehr umstritten war, fehlte nach Einschätzung Roschers an ganz entscheidenden Stellen dieser Bezug.

VertreterInnen der Freien Kunst bevorzugen dementsprechend Kandidaten aus dem Kulturmanagement. Gerade bei den StudentInnen, die ein Drittel des Wahlgremiums stellen, könnte Martin Köttering punkten. Als Kulturwissenschaftler vertritt er eine relativ junge Disziplin. Derzeitig ist Köttering Projektleiter im niedersächischen Wissenschafts- und Kulturministerium. Als ehemaliger Galerieleiter und Mitarbeiter der Documenta 9 hatte er hautnahen Kontakt mit dem Kulturbetrieb.

Chancen kann sich auch Friedrich Meschede ausrechnen. Er hat in zehn Jahren als Referent beim Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) viel Erfahrung mit KünstlerInnen gesammelt. Neuland für den Organisator wäre jedoch der Zugang zu den in der Anfangsphase nicht unbedingt geradlinig verlaufenden künstlerischen Arbeitsprozessen.

Heimisch im Kulturbetrieb ist auch Hubert Salden, bisheriger Leiter der Tiroler Kunsthalle. Seine Kämpfernatur hat Salden unter Beweis gestellt, als er trotz Gegenwind in der konservativen Provinz ein sehr experimentelles Programm durchsetzte. Der unkonventionelle Galerieleiter wird es vermutlich am schwersten haben, genügend Stimmen auf sich zu vereinen.

Fünfter im Bunde ist HfbK-Vizepräsident Hartmut Frank. Der Architekturprofessor hat mit seinem Fachbereich zwar nur eine kleine Hausmacht hinter sich. Trotzdem könnte es auf ihn hinaus laufen. Denn sollte sich die Versammlung in den ersten Wahlgängen nicht auf einen Anwärter einigen, wäre er wohl der Kompromisskandidat. Seit Goehlers Weggang hat Frank kommissarisch die Amtsgeschäfte der Präsidentin erledigt. Bei ihm wüsste das Wahlgremium am ehesten, worauf es sich einlässt.

Ariane Dandorfer