Passionierter Konkurrent der CSU

Sebastian Streibl tritt in Oberammergau gegen die Partei seines Vaters Max an. Die CSU ist ihm zu liberal

„Die CSU ist daexperimentierfreudiger als wir“, bekennt derwertkonservative Streibl

Die CSU kümmert sich um die Kinder bayerischer Ministerpräsidenten; hin und wieder werden gar politische Karrieren an den Nachwuchs vererbt. Edmund Stoiber etwa krönte Thomas Goppel, den Sohn des langjährigen bayerischen Regierungschefs Alfons Goppel, zunächst als Umweltminister, später als CSU-Generalsekretär. Die Tochter von Exministerpräsident Franz Josef Strauß, Monika Hohlmeier, agiert heute als Kultusministerin. Es gibt nur ein schwarzes Schaf: Florian Streibl. Er tritt am Sonntag bei der Kommunalwahl nicht für, sondern gegen die CSU an.

Sein Vater Max, fünf Jahre Ministerpräsident, ging 1993 als „Amigo“ in die Landesgeschichte ein und trat auf Druck seiner Partei zurück. Florian Streibl verließ noch im selben Jahr die CSU. „Die haben meinen Vater ziemlich im Stich gelassen. Von der CSU bin ich enttäuscht worden“, klagt Florian Streibl noch heute. Den Christsozialen habe er nach sechsjähriger Mitgliedschaft nicht mehr vertraut.

In Oberammergau, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, kandidiert der 38 Jahre alte Anwalt jetzt für den Bürgermeisterposten. Seine Wählergruppe heißt „Für unser Dorf“ und gehört dem Kreisverband der Freien Wähler an. Gegen seine Mitbewerber von CSU und einer weiteren Wählergruppe profiliert sich Streibl als erzkonservativ. Während die CSU für eine progressivere Version der Oberammergauer Passionsspiele wirbt, kämpft er für eine „eindeutige traditionelle Fassung“, nur die Sprache dürfe angepasst werden. „Die CSU ist da experimentierfreudiger als wir“, bekennt der Wahlkämpfer.

Die nur alle zehn Jahre aufgeführten Passionsspiele über den Leidensweg Christi prägen das politische Leben in dem 5.000-Einwohner-Dorf. Fast die Hälfte der Bürger wirkt an dem über 300 Jahre alten Laientheater mit. Nach hartnäckigem Kampf setzte Spielleiter Christian Stückl für die Millenniumspassion eine Neuinszenierung durch, die erstmals die Klischees von guten Christen und bösen jüdischen Gottesmördern aufgab. Streibl selbst mimte vor zwei Jahren einen Zeugen, der vor dem hohen Rat Jesus anklagt.

Wer Streibl wähle, gehe freiwillig zurück ins vorletzte Jahrhundert, meint Monika Lang von der erfolgreichen Frauenliste des Ortes. Gemessen an ihm liege die CSU in der politischen Mitte. Der Bürgermeisterkandidat kämpft auch gegen eine Fußgängerzone – dadurch werde „ein Ortsteil abgeschnitten“, warnt er.

Streibls Enttäuschung über die CSU hat sich mittlweile wieder etwas „gelegt“, wie er sagt. Er könne sich sogar vorstellen, Edmund Stoiber im September zum Bundeskanzler zu wählen. Dabei hatte der seinen Vorgänger Max Streibl aus dem Amt des Ministerpräsidenten mit verjagt. OLIVER HINZ