Wahldoping Kanzlerkandidatur

Stilecht beendet Edmund Stoiber den Kommunalwahlkampf seiner Partei im Hofbräuhaus. Das gute Wahlergebnis von 1996 soll noch verbessert werden

aus München OLIVER HINZ

Edmund Stoiber redet fast so, als ängstige er sich vor der bayerischen Kommunalwahl. An ihr will sich der CSU-Chef partout nicht messen lassen. „Sie ist nicht ein Stimmungsbarometer oder eine Testwahl für den Bund“, beteuert der Kanzlerkandidat am Mittwochabend im Münchner Hofbräuhaus bei seinem letzten Wahlkampfauftritt. Doch etwas wehmütig findet er sich dann doch mit seinem Schicksal ab: „Es ist halt leider so. Es wird natürlich gefragt werden: Wie hat es ausgeschaut? Besser als 1996?“ Hier in München tritt Hans Podiuk nahezu aussichtslos gegen den erfolgreichen SPD-Oberbürgermeister Christian Ude an. Für eine große Koalition stehen die Chancen gut, auch wenn Ude lieber mit den Grünen regiert. Doch deren Umfrageergebnisse sind denkbar schlecht.

Die Kanzlerkandidatur Stoibers hat die CSU bayernweit motiviert. „Das war geradezu Doping für uns“, sagt der Münchner Parteichef Johannes Singhammer. Doch die Abstimmung über Bürgermeister und Landräte ist eine reine Personenwahl. Nur bei den Kreistags- und Stadtratswahlen überwiegen die Parteistimmen. Hier allenfalls könnte es einen spürbaren Stoiber-Bonus geben: 43,1 Prozent erzielte die CSU in den Landkreisen und kreisfreien Städten.

Bei den letzten Kommunalwahlen 1996 triumphierte die CSU erstmals in ihrer Geschichte im mittelfränkischen Städtedreieck Nürnberg, Fürth, Erlangen und löste sensationell auf einen Schlag alle SPD-Oberbürgermeister ab. In Nürnberg und Fürth scheint es möglich, dass den Sozialdemokraten mit ihrem Stadtkämmerer Ulrich Maly und Law-and-order-Landtagsabgeordneten Thomas Jung eine Revanche gelingt. In den beiden einstigen SPD-Hochburgen dominierte im Wahlkampf die hohe Arbeitslosigkeit der Region. Auch unter den CSU-OBs Ludwig Scholz und Wilhelm Wenning änderte sich da fast nichts. Am besten steht noch die Universitätsstadt Erlangen da, wo die SPD einen Wahlsieg eher ausschließt.

Dafür ist der Nordosten Bayerns fest in der Hand der Genossen. In den oberfränkischen Städten Bayreuth, Hof, Kulmbach, Coburg und Wunsiedel stellen sie den Rathauschef. In der Frankenwaldgemeinde Tettau lag das Wahlergebnis sogar bei bayernweit unübertroffenen 65 Prozent. Nur Bamberg widersetzt sich der SPD bisher.

Den Grünen droht bei diesen Kommunalwahlen erstmals ein Einbruch; 1990 und 1996 hatten sie noch jeweils zulegen können. In den Kreistagen und Stadträten sind sie derzeit mit 6,9 Prozent deutlich stärker als im Landtag vertreten. In drei Landkreisen waren sie aber zu schwach, um überhaupt eine Kreistagsliste aufzustellen. Zuletzt schnitten sie bei der Berchtesgadener Kreistagswahl mit 12 Prozent noch am besten ab. In München waren es dagegen nur gut 9 Prozent. Ein Aktivposten der Grünen sind ihre vier Bürgermeister, die alle wieder antreten. Im oberbayerischen Schäftlarn hält die Partei diesmal einen fünften Chefsessel für erreichbar. In Augsburg wird Eva Leipprand, Tochter eines früheren evangelischen Landesbischofs, ein Achtungserfolg zugetraut. Das Rennen zwischen den neuen Kandidaten von CSU und SPD gilt hier als offen.

Auch die PDS mausert sich langsam in Bayern: Sie hat Chancen auf Stadtratssitze in München, Nürnberg und Augsburg. Sogar im beschaulichen Eichstätt tritt sie erstmals an. Eine Fünfprozenthürde gibt es nicht. Dafür eine Unterschriftenhürde, um antreten zu können. In Würzburg bekamen die Sozialisten die nötigen 385 Unterstützerunterschriften nicht zusammen. Bislang hält die PDS im Freistaat nur ein Bundestagsmandat. Die FDP und die konservative Umweltpartei ÖDP mischen auf niedrigem Niveau in Bayerns Kommunen gut mit. 1996 kamen sie jeweils auf 1,6 Prozent.

Gut ins Bayernbild passt der Bürgermeisterkandidat und CSU-Ortsvorsitzende im oberbayerischen Prem, Helmut Heißerer. Er schlug seinem parteilosen Kontrahenten bei einer Stammtischprügelei mehrere Zähne aus. Sein Kommentar: „Das sind falsche und ganz schlechte Zähne gewesen.“ Dem CSU-Vorstand war die Sache so peinlich, dass er zurücktrat. Vergeblich hatte man den Spitzenmann zum Rückzug aufgefordert. Der denkt gar nicht daran und glaubt auch am Sonntag an einen Sieg.