Doch lieber Archäologie

Auch Schülerinnen der Barmbeker Technik-Konzeptschule können sich für gewerblich-technische Berufe nicht begeistern  ■ Von Natascha Peleikis

Die 13-jährige Ebru ist hartnä-ckig: „Kfz ist nicht so mein Interesse.“ Die Schülerin an der Technik-Konzeptschule Tieloh möchte Abitur machen und danach vielleicht Krankenschwester werden. Dabei hat die jetzige achte Realschulklasse vor einem Jahr mit der Entwicklung eines „zweirädrigen Einrads“ den ersten Preis im Daniel-Düsentrieb-Wettbewerb gewonnen. Und zusammen mit der Hamburger „Zeit-Stiftung“ wird gerade eine Firma der Hauptschüler aufgebaut, in der Fahrräder gebaut und verkauft werden sollen.

Eine Fahrradwerkstatt gehört zu den Wahlpflichtkursen für alle SchülerInnen der Barmbeker Grund-, Haupt- und Realschule. Trotzdem können sich viele Mädchen nicht vorstellen, einen so genannten typischen Männerberuf zu ergreifen.

Nicht nur Mädchen für sogenannten Männerberufe, sondern „Mädchen für Berufe zu begeis-tern, die sie nicht kennen“, das, sagt Lehrerin Kathrin Pape, ist das Problem. „Berufsorientierung ist ein ganz schweres Thema.“ Besonders in der Pubertät sei es schwierig, die Mädchen für die Berufswahl zu interessieren. Nach der Erfahrung mit einer Abschlussklasse, in der sich die 15- bis 16-jährigen Mädchen ausschließlich für Praktika in den Bereichen Arzthelferin, Rechtsanwaltsgehilfin und Bürokauffrau interessierten, geht sie das Thema jetzt früher an. Auch die Mädchen ihrer siebten Klasse nahmen Mitte Februar an der 9. Berufsorientierungsrallye „Mädchenwirtschaft“ des Handwerks in Zusammenarbeit mit verschiedenen Mädchenprojekten teil. Und siehe da: Die viertägige Veranstaltung ausschließlich für Mädchen, bei der im Großen Saal der Handwerkskammer gesägt und gehobelt, gebohrt oder vermessen werden konnte, kam an.

„Es ist langsam gewachsen, mit cirka 1200 angemeldeten Schülerinnen haben wir dieses Jahr wieder das Plateau des letzten Jahres erreicht“, erzählt Birgit Weinrich, zuständig für den Beratungsschwerpunkt „Frauen in ungewöhnlichen Berufen“ der Handwerkskammer Hamburg. Tatsächlich geht der ohnehin schon geringe Anteil an Mädchen in so genannten Männerberufen zurück. Während sich 1994 noch 5,1 Prozent aller Azubis für eine Ausbildung zur Dachde-ckerin, Maurerin oder Tischlerin entschieden, reduzierte sich ihr Anteil laut Handwerkskammer kontinuierlich auf 4,5 Prozent im vorigen Jahr.

„Mädchen und Jungen wählen anders“, besagt eine Statistik des Arbeitsamtes Hamburg. Bis auf die kaufmännischen Berufe im Einzel-, Groß- und Außenhandel sowie dem Bank- und Versicherungsgewerbe, die geschlechtsunabhängig beliebt sind, zählte im Jahr 2000 bei den Mädchen die Bürokauffrau zu den fünf beliebtesten Ausbildungsberufen, die Jungen bevorzugten Kraftfahrzeugmechaniker oder Speditionskaufmann. Die begehrtesten handwerklichen Berufe waren laut Handwerkskammer im vorigen Jahr bei den Mädchen Friseurin, Augenoptikerin und Damenschneiderin. „Nur ein Prozent der Kfz-Mechaniker sind Frauen – es waren mal zehn“, konstatiert denn auch Thomas Lage, Ausbildungsmeister der Lehrfirma der Innung des Kfz-Handwerks.

Das Konzept, sich wie auf der Mädchen-Rallye durch praktische Aufgaben informieren zu müssen, sei gut, sagt Kathrin Pape. Schade nur, dass nicht weibliche, sondern männliche Auszubildende anwesend gewesen wären. Und auch auf die eher schüchternen Hauptschülerinnen hätte mehr zuggegangen werden müssen.

Die Mädchen selbst beurteilen die Handwerkskammer-Veranstaltung hauptsächlich positiv. „Man konnte alles ausprobieren“, lobt die 13-jährige Mareike. Einige wenige ziehen sogar Konsequenzen: „Technische Assistentin zu werden, das kann ich mir jetzt schon eher vorstellen“, sagt die 14-jährige Mügesener. Denkt nach und ergänzt: „Aber eigentlich will ich Archäologie studieren.“