One chord wonder

Weder richtig Punkrock, noch Shoegazer-Style – und viel zahmer als ihre Vorbilder The Jesus & Mary Chain: Die kalifornischen Rock’-n’-Roll-Retter Black Rebel Motorcycle Club wirkten im ausverkauften Knaack-Club etwas unentschlossen

von JULIE MIESS

Für sich betrachtet, ohne den 50s-Film „The Wild One“ mit Marlon Brando als „Leader of the Pack“ unmittelbar im Hinterkopf, war ein Bandname selten so aufgeladen mit Punkrock-Assoziationen. „How many synonyms for punkrock do you need?“ bringt Dan Tallis von der BBC den Overload der Signifikanten in „Black Rebel Motorcycle Club“ auf den Punkt. Dabei sind sie keine Punkrocker: Peter Hayes, Gesang und hauptsächlich Gitarre, Robert Turner, Gesang und hauptsächlich Bass, und Schlagzeuger Nick Jago, auf der Europatournee vertreten durch den ehemaligen Schlagzeuger von The Verve. Sie lassen sich eher mit der schönen Bezeichnung „Shoegazer“ kategorisieren. Der Begriff beschreibt jene britischen Indie-Bands der Achtzigerjahre, mit denen BRMC stets verglichen werden, Bands wie The Jesus and Mary Chain, Spacemen 3 oder Ride.

Im ausverkauften, völlig überfüllten Knaack muss man als Zuschauer allerdings zunächst befürchten, dass man selbst nicht einen einzigen Schuh ansehen wird, während die Jungs auf der Bühne traumverloren den Blick senken. Das Publikum besteht aus sehr jungen Menschen, durchsetzt von Vertretern Berliner Medien: Vor dem Knaack parkt der Fritz-Satellitenmini, ein Radio-1-Reporter hat eben noch eilig die Gästeliste passiert. Obwohl es einem beim Eintreten aussichtslos vorkommen muss, kann man sich nach und nach vorarbeiten.

Mit einem schönen Basslauf beginnt Turner gerade das Blues-Stück „Spread Your Love“, dann fängt Hayes sehr cool an, „Spread your love like a fever …“ zu singen und wirft Gitarrenteppiche darüber. Jetzt lässt man sich ein Stück darin einwickeln, weil das Blues-mäßige dem Song jenen Farbton gibt, der schon Velvet Underground so gut gestanden hat. Beim Hit, der am besten ins Bandkonzept inklusive Namen passt, „Whatever Happenend To My Rock’n’Roll“ und vom Publikum schon vorher mit der Textzeile: „I gave my life to a simple chord!“ gewünscht wird, wird man dann wieder ganz schnell ausgewickelt. Weil die Musik nicht wirklich fesselt, kann man sichin Ruhe die Musiker ansehen. Turner trägt ein T-Shirt, auf dem in roten Lettern „Big Red Machine, London, England“ steht, neben einem Motorrad mit Chopperlenker. Hayes ist auf jonspencereske Weise schön und wechselt geschickt zwischen Gitarre, Mundharmonika und Synthesizer.

Zwei Mädchen erzählen hinterher, ab dem Rock’n’Roll-Song sei es doch eigentlich so richtig losgegangen. Aber wohin? Weder nach vorne wie beim Punkrock noch nach innen wie beim Shoegazer-Style. Zwischendurch schleichen sich Hippieklänge ein. Deutlich aber wird an diesem Abend: Die drei Boys aus Kalifornien lassen sich musikalisch weniger den Strokes und den White Stripes zuordnen, die gegenwärtig den US-Rock aufwerten. Treffender ist der Vergleich mit den Brüdern Reid, die Feedbacks sind allerdings ungleich zahmer. Bei „Salvation“, gegen Ende des Konzerts, setzt das Schlagzeug schleppend ein wie bei „Atmosphere“ von Joy Division, die Jago sehr verehrt. Die vielen Vergleiche geben zu denken. Unter ihnen löst sich eine eigene musikalische Identität fast völlig auf. BRMC klingen auf Platte origineller als live. Auf der Bühne sehen Turner und Hayes, beide mit vollem dunklen Haar, wirklich gut zusammen aus, wenn sie Gesang und Saiten demokratisch teilen. Black rebel motorcycler hat man sich trotzdem anders vorgestellt.