nebensachen aus buenos aires
: Geldwäsche einmal anders

In der Wechselstube mit Antonio

Geldwechseln in Buenos Aires ist anstrengend geworden. Wer sich nicht stundenlang vor einer Wechselstube in der Schlange von der Sonne braten lassen will, dem bleibt nur noch der Gang zum professionellen Geldwäscher. Aber auch der hat seine Eigenarten.

Im Erdgeschoss eines Bürohauses sitzt ein gelangweilter Sicherheitsmann und nimmt wortlos die Personalien auf. Mit einer Kopfdrehung weist er auf eine Aufzugskabine, die in den zehnten Stock fährt. Vor einer verspiegelten Panzerglastür lässt man die Kunden warten. Mehrere Spiegel erlauben den sicheren Blick auf Besucher. Erst wenn der Besucher als unverdächtig eingestuft wird, springt die Türe mit lautem Summen auf.

Dahinter verbirgt sich eine Welt morbiden Charmes. Durch braune Trennwände ist das Rattern von Geldzählmaschinen zu hören. Eine launische Sekretärin bringt kaum das „Hola“ als Gruß über die Lippen, der beige Teppich ist voll dunkler Flecken, die Sofas im Wartezimmer sind durchgesessen.

Schon wieder klingelt wer an der Tür. Durch den Spiegel sind verzerrt ein dicker Mann mit Begleiter zu erkennen. Die Türe summt und er tritt ein: Don Antonio, wie sie ihn nennen: Dick, groß, dunkelblauer Anzug, fettige Locken. Sein Begleiter ist noch größer, mit Zigarette im Mundwinkel marschiert er in den Raum. Unter seinem T-Shirt zeichnet sich ein Pistolenholster ab. Die Sekretärin wird bleich wie ein Leintuch.

Don Antonio kennt keine Schüchternheit. Er lässt seine über 100 Kilo Lebendgewicht in eines der Sofas fallen und befiehlt: „Schieb die Kohle rüber, Junge.“ Sein Begleiter greift in die Hosentaschen und fördert zwei dicke Bündel Dollarnoten zu Tage. Dann fängt er an Schein für Schein zu zählen. Bei 16.000 Dollar höre ich auf mitzuzählen. Selbstverständlich habe ich auch nichts dagegen, dass Don Antonio vorgelassen wird, obwohl ich als erster da war.

Sein Geschäft ist schnell erledigt. Als Don Antonio vor der Panzerglastüre auf den Aufzug wartet, darf niemand das Büro verlassen. Als sie außer Sichtweite sind, zitiert die Sekretärin den Sicherheitsmann zu sich. „Du Idiot weißt doch, dass Don Antonio hier nicht in Begleitung hoch darf?“, wütet sie.

Später am Abend der Versuch bei einem Freund anzurufen. „Bitte Licandro.“ Pause. „Nein, also ja, einen Moment.“ Dann ist von etwas entfernt eine Männerstimme zu hören, die nicht Licandro gehört. Ein Mann spricht offenbar in ein anderes Telefon: „Hör gut zu Antonio, wir vertrauen dir, deshalb arbeiten wir mit dir zusammen. Aber lass deinen verdammten Partner aus dem Spiel. Wenn er hier auftaucht passiert was, kapiert?“ Ja, ich habe kapiert. Falsch verbunden. Ich lege auf. Es gibt Dinge, die will man nicht so genau wissen.

INGO MALCHER