Ausbesetzt
: Keine Protestkultur

■ Sind Hausbesetzungen out?

Erwin Bienewald (51) vermittelte Anfang der 80er-Jahre in Berlin zwischen Hausbesetzern und der Stadt. Sein Worpsweder Verein „Klick“ brachte in Bremen unter anderem neun Wohnprojekte für soziale Randgruppen ins Laufen. Zuletzt war „Klick“ als Käufer für das besetzte Haus in der Parkallee im Gespräch, das vor einer Woche geräumt und abgerissen wurde.

taz: Sind Hausbesetzungen heute kein Thema mehr?

Erwin Bienewald: Auf jeden Fall scheinen sie mehr unter der Rubrik „Exotisches“ zu laufen und nicht mehr unter „politischem Widerstand“.

Woran liegt das?

Einmal daran, dass es im Moment keine stabile Protestbewegung im Lande gibt: Widerstand zu leisten hat wenig Kultur. Zum anderen gibt es im Moment keine echte Wohnungsnot. Die früheren Hausbesetzungen waren immer auch Resultat der Tatsache, dass nicht nur die Hausbesetzer, sondern auch viele Menschen in der Bevölkerung einfach Schwierigkeiten hatten, ein vernünftiges Obdach zu bekommen. Für Vermieter waren das damals paradiesische Zeiten, und zumindest einige haben mit Wohnungen richtig spekuliert – auch in Bremen. Das waren ganz andere Grundlagen.

Oftmals haben Hausbesetzer auch Raum für soziale oder kulturelle Projekte reklamiert.

Genau. Das hätten die Parkallee-Besetzer auch viel deutlicher machen müssen: Dass es ihnen im Prinzip um eine neue Gemeinschaft ging. Ich glaube nicht, dass es dort viele Besetzer gab, die wirklich ganz dringend 'ne Bude brauchten. Aber die wollen eben weder in einer Kleinfamilie noch alleine leben, sondern suchen nach neuen Formen. Deshalb hätten sie ja auch gerne nebenan, wo diese Garagen waren, ein Kulturcafé und was weiß ich noch alles für Sachen eingerichtet. So habe ich sie zumindest verstanden. Aber dieses Anliegen haben sie weder so recht nach außen gebracht noch reicht das alleine aus, um so 'ne Stadt zu bewegen, ein solches Projekt zu unterstützen.

Man hatte ja nicht gerade den Eindruck, dass die Parkallee-Besetzung die politischen Kreise berührt hat.

Weil es auch in der Bevölkerung keine Resonanz gab. Ich glaube, es hat niemand verstanden, warum die das Haus besetzt haben und was sie da eigentlich wollten. Am Schluss hatte ich sogar den Eindruck, dass es die Besetzer selbst nicht mehr so recht wussten und eigentlich ganz froh waren, als die Polizei kam. Oder sollte ich das vielleicht nicht öffentlich sagen?

Immobilienspekulation, Abriss alter Wohnhäuser zugunsten von neuen Bürobauten – haben diese Themen heute keine Brisanz mehr?

Im Moment gibt es noch ausreichend Wohnraum, auch in Bremen. Aber er verknappt sich wieder. In absehbarer Zeit werden sicherlich wieder Wohnungen fehlen. Dann steigt die Brisanz wieder. Fragen: hoi