IN KÖLN GEHT ES WENIGER UM EINE SPENDENAFFÄRE ALS UM KORRUPTION
: Wilde Spekulationen

Vielleicht könnte man die zu teure und zu große Müllverbrennungsanlage in Köln bald gut brauchen – um den ganzen Unsinn zu entsorgen, den uns Parteien und Zeitungen zu diesem Thema um die Ohren hauen. Denn: Weder haben wir es mit einem gigantischen Parteispendenskandal à la Kohl oder Flick zu tun noch mit „gesundem Klüngel“.

In Köln geht es zuerst und vor allem um Korruption. Und die bislang ungeklärte Frage: Wer hat wen wofür geschmiert? Klar ist derzeit nur, dass ein Bruchteil des geflossenen Geldes – 500.000 von 29 Millionen Mark – in der Kasse der Kölner SPD landete. Wie bei dem Fall Elf Aquitaine weiß niemand, wo der Rest geblieben ist. Wurden damit Beamte oder Politiker geschmiert oder haben die beschuldigten Firmen das Geld nur verschoben, um Steuern zu hinterziehen, oder haben sich einzelne Bosse eine kleine Villa in Monaco spendiert? Obwohl das keiner weiß, spekulieren Progagandisten der CDU schon wild, wer bei der Bundes-SPD zurücktreten müsse. Ist eben Wahlkampf.

Arme SPD? Wohl kaum. Schließlich haben Kölner Provinzgrößen wie Fraktionschef Rüther und sein Schatzmeister hemmungslos mit dem Unternehmer Trienekens gekungelt und seine Spenden illegal der Partei zugeleitet. Zu Recht sind sie zurückgetreten, und ihnen werden wohl noch eine ganze Reihe Kölner Genossen folgen. Immerhin: Ganz im Gegensatz zur CDU in den vergangenen Jahren engagiert sich die SPD-Spitze bei der Aufklärung außerordentlich. Ist eben Wahlkampf.

Doch der Kölner Skandal muss nachhaltige Konsequenzen haben: Großprojekte wie die Müllverbrennungsanlage sollten in so transparenten Verfahren vergeben werden, dass die Kriterien der Entscheidung offen liegen. Das schließt Korruption nicht aus, ermöglicht aber eine bessere öffentliche Kontrolle. Außerdem wird es endlich Zeit für ein neues Parteispendengesetz. Diese Forderung ist nicht neu, doch mit jedem Fall, ob in Hessen, Berlin oder Köln, wird deutlich: Wenn die Parteien nicht imstande sind noch in dieser Legislaturperiode ein solches Gesetz zu verabschieden, dann schaden sie nicht nur Kommunen oder Ländern, sondern sie verspielen auch ihren letzten Kredit bei den Wählern. DANIEL HAUFLER