kampf den schoßtänzerinnen von RALF SOTSCHECK
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Man befürchtete schon, er habe resigniert. Doch jetzt hat sich Ian Paisley wieder zu Wort gemeldet. Der ultrarechte nordirische Presbyterianer-Pfarrer hat zu einem neuen Kreuzzug aufgerufen. Diesmal geht es gegen Lap Dance Clubs, jene schummrigen Etablissements, in denen Frauen auf langen Tischen herumhüpfen und sich dabei entkleiden. Ganz in der Nähe des Belfaster Europa-Hotels, auf das in den vergangenen 30 Jahren mehr als 40 Bombenanschläge verübt worden sind, soll demnächst „Le Chic Nightclub“ eröffnen.

Besitzer Jerome Brennan, der einen ähnlichen Club in der südirischen Grenzstadt Dundalk betreibt, verspricht sich ein großartiges Geschäft. „Wir haben Platz für 600 Leute auf drei Stockwerken“, sagte er. „Es gibt einen Markt für einen solchen Club, weil so viele Jungs aus Nordirland zu uns nach Dundalk pilgern.“ Paisley und seine Anhänger haben angekündigt, den Schoßtänzerinnen, die vor allem aus Russland und dem Baltikum stammen, einen heißen Empfang zu bereiten. „Wir in Nordirland sind puritanisch und wollen so etwas nicht in unserer Provinz“, so der polternde Dogmatiker.

1971 spaltete Paisley die alte unionistische Einheitspartei, weil sie ihm zu lasch war, und gründete die Democratic Unionist Party (DUP) sowie seine eigene Kirche, die Free Presbyterian Church, die heute 18.000 Mitglieder hat. Die sind nun eifrig dabei, Demonstrationen vor dem Le Chic Nightclub zu organisieren, sobald er seine Pforten öffnet.

Es ärgert Paisley besonders, dass Brennan ein ganzes Stockwerk für Schwule und Lesben reservieren will, hatte der Pfarrer doch in den Sechzigerjahren eine erbitterte Kampagne geführt, die den Schlachtruf hatte: „Save Ulster from Sodomy!“ Ulster ist bei den Protestanten ein Synonym für Nordirland, obwohl drei der neun dazugehörigen Grafschaften in der Republik liegen, und „sodomy“ ist auf deutsch Homosexualität. Es war ein vergeblicher Kampf, zu Paisleys Entsetzen wurde Nordirland vom EU-Gerichtshof für Menschenrechte dazu verurteilt, Homosexualität zu legalisieren.

Mit anderen Kampagnen hatte der Pfarrer ebensowenig Glück: Als der erste Sexladen in Belfast eröffnete, fuhren Paisley und seine Leute tagelang davor auf und ab und hupten, was das Zeug hielt. Den Laden gibt es immer noch, die Hupen sind verstummt. Noch erfolgloser war Paisleys Kampf gegen den Alkohol. Als vor Jahren die nordirischen Kneipen endlich auch am Tag des Herrn öffnen durften, stand Paisley sonntags mit einem Transparent vor dem Pub und prophezeite den teuflischen Trinkern Höllenqualen. Und er meinte nicht den Kater am nächsten Morgen.

Paisley ist komischerweise beliebt, die Leute wählen ihn regelmäßig ins nordirische, britische und europäische Parlament. Inzwischen ist er weit über 70, aber sein Hass auf den Katholizismus ist ungebrochen. Einmal hat man ihn aus dem Europaparlament geworfen, weil er den Papst, der dort eine Ansprache hielt, lauthals als Antichristen beschimpfte. Und nun hat ihm der Teufel katholische Schoßtänzerinnen geschickt. Gnade ihnen Gott.