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Gespräch über Gotteslohn und christliche Heilslehre

taz: Das St.-Joseph-Stift hat heute viel Geld bekommen. Sieht sich die Katholische Kirche mit ihrer Krankenpflege bestätigt?

Propst Ansgar Lüttel: Wir freuen uns und sehen unsere gute Arbeit, die wir im St.-Joseph-Stift schon seit über 125 Jahren machen, gewürdigt.

Trotzdem kam St. Joseph in eine Finanzkrise. Der Geschäftsführer hat heute vor der Presse betont, Misswirtschaft sei nicht schuld. Was dann?

Das Stift hatte längere Zeit schlechtere Bedingungen, sich auf dem Markt zu behaupten. Die Krankenkassensätze waren auf dem niedrigen Stand, den wir gewährleistet haben, eingefroren worden. Danach konnten wir steigende Kosten nicht mehr ausgleichen, die dadurch entstanden sind, dass keine Ordensschwestern in der Krankenpflege nachwuchsen. Dadurch musste Arbeit auf andere verteilt werden, die Gehalt bezogen.

Viele Kranke wählen konfessionelle Krankenhäuser, weil sie dort bessere Betreuung und Zuwendung durch glaubensgebundene Schwestern erwarten – die es aber gar nicht mehr gibt.

Natürlich kann auch „weltliches“ Personal diesen Anforderungen gerecht werden. Aber eine Ordensfrau hat bei vielen Menschen einen Vertrauensvorschuss – durch ihre Lebensweise. Sie hat ja keine Interessen, über diesen Dienst am Menschen hinaus. Sie war – ich habe das als junger Mann selbst erlebt – die erste, die kam, und die letzte, die ging, so dass man sich behütet und angenommen fühlte. Das kann heute so nicht mehr geleistet werden. Die Franziskanerinnen aus Münster konzentrieren sich heute auf die Seelsorge.

St. Joseph soll einen Schwerpunkt in ganzheitlicher Medizin bekommen. Heute wurde deutlich gesagt, antroposophische Ansätze hätten da keinen Platz. Wie erklären Sie's dem Krebskranken?

Es muss natürlich für jeden Patienten die angemessene Behandlung geben. Wenn mit „antroposophisch“ die Weltanschauung gemeint ist, die sich mit einer christlichen Weltanschauung nicht verträgt, wird man verstehen, dass wir eine solche Anschauung nicht vermitteln können. Übrigens bin ich fest davon überzeugt, dass auch der christliche Glaube ein Weg zur Heilung ist. In der Bibel gibt es viele Heilungsgeschichten – durch Handauflegen, Berührung und Nähe ... da sehe ich keinen Widerspruch zwischen christlicher Auffassung und dem, was man als ganzheitliche Medizin verstehen kann.

Fragen: Eva Rhode

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