Alle Mann im Zelt

Der ARD-Dreiteiler über Thomas, Heinrich und Familie sahnt einen Sack voll Grimme-Preise ab. War ja klar

Die Logenplätze direkt an der Manege dürften schon mal komplett für Familie Mann mit Anhang reserviert sein. Gleich neun Grimme-Preise werden am 22. März im Roncalli-Zelt vor dem Rathaus im westfälischen Marl an Menschen überreicht, die zum Erfolg des ARD-Dreiteilers beigetragen hatten: Heinrich Breloer (Regie), Horst Königstein (Buch), Gernot Roll (Kamera) und die Hauptdarsteller Armin Mueller-Stahl, Monica Bleibtreu, Veronica Ferres, Jürgen Hentsch, Sebastian Koch, Sophie Rois.

Gestern gab das Grimme-Institut die diesjährigen Preisträger bekannt. Dass der ARD-Dreiteiler auch in den Augen der vorwiegend mit Kritikern und Medienwissenschaftlern besetzten Adolf-Grimme-Jury „das Fernsehereignis des Jahres 2001“ war, überrascht keineswegs – dazu war der TV-Jahrhundert-Roman omnimedial einfach zu präsent und durchweg hoch gelobt. Die Hauptverantwortlichen der „Manns“ sind im Grimme-Preis-Tragen geübt: Breloer hat bereits sieben der Plexiglas-Skulpturen zu Hause stehen, Roll immerhin sechs. Bemerkenswert ist allein die Anzahl der Auszeichnungen für die „Manns“: Gleich neun für eine Produktion, das hat es bei Grimme noch nie gegeben.

Bei aller Begeisterung für öffentlich-rechtliche Großproduktionen honoriert die Jury nun jedoch zunehmend Qualität aus der kommerziellen Ecke. Erstmals hat ein Privatsender gleich mit zwei Produktionen abgeräumt: Sat.1 erhält Preise für Jo Baiers „Wambo“, den Fernsehfilm über das sündige Leben des Volksschauspielers Walter Sedlmayr mit Jürgen Tarrach in der Hauptrolle – und für den Zweiteiler „Der Tanz mit dem Teufel“ über die Entführung Richard Oetkers 1976. Wenn sich das Fernsehgeschäft für Sat.1 schon finanziell nicht lohnt, so wurde auf diese Weise zumindest anerkannt, dass der defizitäre Kirch-Sender im vergangenen Jahr viel Geld in Fernsehfilme reingebuttert hat. Schon bei den Nominierungen hatte Sat.1 zugelegt: Mit sieben Produktionen war der Emotionen-Sender diesmal nominiert – 2001 hatten es insgesamt nur zwei Produktionen von Privaten auf die Liste geschafft.

Und sonst? Dass Günther Jauch eine „besondere Ehrung“ erhält für „Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens“ – es sei ihm gegönnt. Lange genug hatte er im Schatten seines Kumpels Gottschalk gestanden; erst die Millionärssendung hat ihn in die erste Moderatorenreihe befördert. Insofern hat sich allerdings eher das Fernsehen um Jauchs Entwicklung verdient gemacht als umgekehrt.

Zu guter Letzt: Was ist mit Harald Schmidt? Die Reise nach Marl sei doch schon sicher, hatten er und Herr Andrack noch vor wenigen Tagen in ihrer Show erklärt. Schmidt war für sein Nichtsenden ab dem 11. September und seine Rückkehr am 25. September nominiert sowie für seine Claus-Peymann-Hosen-Sendung, Andrack seiner selbst wegen. Gekriegt haben sie nichts. Aber einer, der wie Schmidt in der jüngsten Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine ganze Seite lang von drei Wirschaftsredakteuren interviewt wurde – so einer braucht keinen Grimme-Preis.

ALEXANDER KÜHN