Systematisch durch Shakespeare geirrt

■ Fünf Ambitionierte des Studiengangs Schauspieltheater-Regie durchleuchten und verfremden im Thalia Gaußstraße fünf Stücke des ehrwürdigen Vielschreibers

Shakespeare everywhere: In Berlin lief im vorigen Jahr monatelang das Stück Alle Stücke von Shkespeare in 90 Minuten, und die University Players Hamburg präsentierten im Audimax kürzlich fünf moderne Adaptionen von Shakespeares Hamlet.

Beim Shakespeare-Projekt „Versteh mir einer den verrückten Haufen“ am Thalia in der Gaußstraße kann man jetzt schnell und nebenbei zum Shakespeare-Kenner werden. Auf zwei Abende verteilt werden fünf Komödien des Vielschreibers aufgeführt, inszeniert von den jungen Talenten des Schauspieltheater-Regie-Studiengangs der Uni Hamburg. In Teil 1 stehen Ein Sommernachtstraum und Kömodie der Irrungen auf dem Programm; in Teil 2 Was ihr wollt, You only live twice (Viel Lärm um Nichts) und Cymbeline, jetzt als Höhepunkte, Höhepunkte!!! tituliert.

In Shakespeares Komödien herrscht ein bekanntlich heilloses Durcheinander an Figuren, deren Verstrickungen dafür sorgen, dass die Beziehungsgeflechte ohne Grafik kaum noch zu durchdringen sind. Diesen „verrückten Haufen“ zu entwirren, haben sich jetzt die fünf Regie-StudentInnen Jorinde Dröse, Sibylle Dudek, Julius Jensen, Susanne Reifenrath und Julius Seyfarth vorgenommen.

Alle fünf sehen es als Herausforderung, sich an Shakespeares Komödien zu wagen. Das heißt zum einen: den Wortwitz aus dem Text herauslocken und das Publikum zum Lachen bringen, ohne albern zu wirken. Zum anderen stellen sich die Thalia-DebütantInnen in Shakespeare einem so überragenden Meister, von dem sie wissen, dass es kein Zeichen von Schwäche ist, wenn er sich letztlich doch als stärker erweist.

Dass sie mit ihren Inszenierungen in eine Rezeptionsgeschichte eintreten, ist den fünfen im Übrigen bewusst. Aber gerade weil die Shakespeare-Aufführungstradition so reich ist, lädt sie auch dazu ein, radikal mit den Stücken umzugehen (wie es Dröse mit ihrer Sommernachtstraum-Version beabsichtigt) oder – im Falle des unbekannten Cymbeline – gleich aus einer ganz eigenen Perspektive zu betrachten: Susanne Reifenrath hat das kaum bekannte Shakespeare-Stück für ihre Version namens Höhepunkte, Höhepunkte!!! auf ein einfaches Schema reduziert, bei dem, wie sie sagt, kaum noch etwas vom Stück übrig geblieben ist. Julius Seyfarth wiederum hat Viel Lärm um nichts ins Agenten-Milieu verlegt, James-Bond-Reminiszenen inklusive: You only live twice (Viel Lärm um nicht) heißt seine Version.

Alle fünf haben ihre eigenen vielversprechenden Leselinien in den Texten gefunden und lassen im Gespräch echten Enthusiasmus für ihr Projekt spüren. Der „verrückte Haufen“ (ein Zitat aus dem Sommernachtstraum) beziehe sich aber auch, wie Seyfarth betont, auf die fünf Studenten des Regie-Semes-ters im Studiengang.

Denn bis zur letzten Minute müssten sie nicht nur Kontakt zu ihrem jeweiligen „Haufen“ – bestehend aus SchauspielerInnen, TechnikerInnen, Kostüm- und BühnenbildnerInnen – halten, sondern sich auch immer wieder untereinander über Probentermine und Reihenfolge der Stücke verständigen, was an den Kräften zehrt. Das gute Verhältnis untereinander habe allerdings zu einem souveränen Umgang mit Kritik geführt; das betonen alle. Eine ähnliche Kooperation mit vier gleichberechtigten KollegInnen an einem Projekt wird in ihren Laufbahnen allerdings wohl die Ausnahme bleiben.

Christian T. Schön

Teil 1: Freitag, 15. und Montag, 18. März. Teil 2: Sonnabend, 16. und Sonntag, 17. März. 19 Uhr, Thalia Gaußstraße 190