Viele Kandidaten für den nächsten Eklat

Pflanzengifte in Shrimps, Betrug bei der Riester-Rente, irreführende Werbung: Den Verbraucherschützern geht die Arbeit so schnell nicht aus

BERLIN taz ■ Die Verbraucherschützer werden sich auch in der Zukunft nicht über Langeweile beklagen können. Auch wenn das Thema nicht mehr oben auf der politischen Tagesordnung steht, bleiben die Probleme, mit denen sich das Ministerium und die Verbraucherverbände beschäftigen müssen. Und die Arbeitsfelder werden sich eher noch ausweiten:

■ Bei den Lebensmitteln ist die Aussicht auf einen Skandal am größten. Wahrscheinlich trifft es das Geflügel, wo Haltung und Fütterung für Risiken sorgen. Problematisch sind auch Rückstände in Importwaren. In Honig und in Shrimps aus China sind Pflanzengifte enthalten. US-Rindfleisch, das von der EU bislang blockiert wird, ist mit Hormonen belastet. „Außerdem wandern immer mehr Kunstprodukte in Schnellgerichte und Functional Food“, sagt Lutz Ribbe von der Stiftung Euronatur, „die Gefahr von Allergien steigt.“

■ Wenn das neue Biosiegel einmal in allen Regalen zu finden ist, ist der Label-Kampf noch lange nicht beendet. Jetzt steht der EU-weite Streit darüber an, wie künftig genmanipulierte Lebensmittel zu kennzeichnen sind – und ab welcher Grenze Gen-Zusatzstoffe angezeigt werden müssen. Bisher lehnen viele europäischen Verbraucher Genfood ab.

■ Unklar sind die Gefahren beim Elektrosmog, vor allem aus Handys. Gegen ein Öko-Label für strahlenarme Handys, die durch ihre Wärmeentwicklung die Gehirnströme möglichst wenig stören, wehrt sich derzeit die Industrie. Ob die Sendemasten für den Handybetrieb gesundheitliche Schäden verursachen, ist weiterhin ungeklärt.

■ Mit der privaten Riester-Rente werden die Verbraucherschützer noch viel Arbeit haben. Bisher mussten sie Kunden bremsen, die sich privat rentenversichern wollten, noch ehe überhaupt die staatlichen Zertifizierungen für die Angebote der Versicherungen festgelegt waren. Und Firmen abmahnen, die vorschnell solche Versicherungen anboten. Das Abwägen zwischen den einzelnen Angeboten wird bis zum Jahresende dauern.

■ Intensiv werden die Verbraucherschützer in Zukunft Werbung lesen und schauen müssen. Denn Händler haften künftig für falsche Werbeaussagen. Und Reklame darf nicht irreführen, meinen die Verbraucherschützer. Wer künftig mit „ländlicher Idylle“ für die Eier aus der Legebatterie wirbt, riskiert eine Klage.

■ Den Banken werden die Kontrolleure ebenfalls auf die Finger schauen. Denn noch bis 30. Juni nächsten Jahres kassieren die Geldinstitute Gebühren für Überweisungen ins Ausland – auch wenn das Geld in der Eurozone bleibt und daher keine Umrechungen mehr nötig sind. In Deutschland müssen die Banken nach einer neuen Regelung nun Überweisungen innerhalb von drei Tagen realisieren und das Geld noch am gleichen Tag dem Empfänger gutschreiben. Wenn die Bank eine Überweisung in den Sand setzt, haftet sie für den Schaden.

■ Auch der E-Commerce wird die Verbraucherschützer weiter beschäftigen. Schließt ein Kunde im Internet einen Vertrag, muss er über die technischen Schritte der Bestellung informiert werden. Er muss die Chance haben, die allgemeinen Geschäftsbedingungen herunterzuladen – und er muss darüber infomiert werden, wie er sich wo zu verhalten hat. Mit der digitalen Unterschrift wird der Kunde diese Verträge kaum absegnen können. Sie ist bisher einfach nicht zuverlässig.

BERNHARD PÖTTER