Murdoch-Firma unterstütz Digitalpiraterie

Die News-Corp.-Tochter NDS soll die Entschlüsselung der Digitalsignale von Murdochs Pay-TV-Konkurrenz mit finanziert haben. Illegale Decoderkarten sind in Großbritannien seit mindestens 1999 im Umlauf. Auch das französische Bezahlfernsehen Canal + klagt auf Milliardenentschädigung

DUBLIN taz ■ Eine Firma des internationalen Medienzars Rupert Murdoch hat eine Internetwebsite finanziell unterstützt, mit deren Hilfe Chipkarten für digitales Pay-TV gefälscht werden konnten. Betroffen sind bislang die Digitalplattform ITV, Murdochs Hauptrivale im britischen Bezahlfernsehgeschäft, und der französische Pay-TV-Anbieter Canal +. Das Unternehmen NDS gehört zu Murdochs Medienholding News Corp., es hat seinen Hauptsitz in der englischen Grafschaft Middlesex und Niederlassungen in Kalifornien sowie in Israel.

Einer der NDS-Direktoren ist Murdochs Sohn Lachlan, „Sicherheitschef“ der Firma der frühere Scotland-Yard-Kommandant Ray Adams. Vom NDS-Geschäftskonto überwies er beträchtliche Summen auf das Privatkonto eines gewissen Lee Gibling. Gibling ist Gründer der Website Thoic.com, auf der die geheimen Zugangscodes verbreitet wurden.

ITV Digital und auch die meisten anderen europäischen und US-amerikanischen Konkurrenten von Murdochs Sky Digital benutzen die von Canal + entwickelte Verschlüsselungssoftware. Canal + hat mittlerweile vor einem Gericht in Kalifornien Schadensersatzforderungen in Höhe von einer Milliarde Dollar gegen NDS erhoben. Murdochs Digitalplattform operiert dagegen mit einem anderen, NDS-eigenen System.

Laut ITV-Geschäftsführer Stuart Pebble habe die Piraterie habe sein Unternehmen mindestens 100 Millionen Pfund gekostet und an den Rand des Ruins getrieben. In Großbritannien sind die gefälschten smartcards, die für die Entschlüsselung des TV-Signals sorgen und ohne die man die Pay-TV-Sendungen nicht empfangen kann, für 20 bis 30 Pfund auf Flohmärkten und in Kneipen verkauft worden – mit unbegrenzter Nutzungsdauer. ITV kassiert für die echten Karten 30 Pfund pro Monat. 100.000 gefälschte Karten sollen seit 1999 in Britannien im Umlauf sein. „Ein Amateur kann diese Codes nicht geknackt haben“, sagte Pebble. „das war ein teures Unterfangen, und nur eine Hand voll Experten auf der Welt sind dazu in der Lage.“ Die komplizierte Entschlüsselung, die sechs Monate gedauert und angeblich 5 Millionen Dollar gekostet hat, soll beim NDS in Haifa durchgeführt und auf Umwegen dannWebsite-Betreibern wie Thoic.com zur Verfügung gestellt worden sein. Thoic.com wurde im vorigen Jahr geschlossen, Lee Gibling ist seitdem untergetaucht.

NDS-Sicherheitschef Adams bestreitet seine Geschäftsbeziehungen zu Gibling nicht. Allerdings habe er lediglich Informationen gekauft, um seinerseits Hackern und Pay-TV-Piraten auf die Schliche zu kommen. – Schließlich ist Adams auch Vorstandsmitglied der europweiten Anti-Piraterie-Organisation Aepoc. RALF SOTSCHECK