Engagement noch ohne Prüfstempel

Bund und Länder finanzieren fleißig Projekte gegen rechts. Wie sinnvoll sie sind, kann niemand so genau sagen

BERLIN taz ■ Allein im vergangenen Jahr förderte der Bund über 1.500 Projekte wie Workshops oder Konzerte gegen rechts. Für Katja Schubert vom Interkulturellen Rat, selbst Lehrerin, der richtige Weg: „Bei Jugendlichen kann man am meisten ausrichten, weil man sie noch prägen kann.“ Wie effektiv die Projekte sind, ist aber weniger klar, als Frau Schubert meinen mag.

„Über die Qualität können wir nicht viel sagen“, gesteht Ulrich Brüggemann vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in Leipzig. Das DJI betreut die von der Bundesregierung geförderten Projekte wissenschaftlich. Lediglich zwölf Projekte nahmen die Wissenschaftler bislang selbst in Augenschein, die restlichen wurden mit Fragebögen erfasst. Wissenschaftler der Universität Bielefeld untersuchen derzeit, welche Auswirkungen Schulprojekte gegen Rechtsextremismus auf Schule und Umfeld haben. Ergebnisse werden für November erwartet.

Der Leipziger Wissenschaftler Brüggemann kritisiert, dass die Arbeit mit der schwierigsten Problemgruppe, den bereits aufälligen, gewaltbereiten und meist männlichen Jugendlichen, bisher nur „sehr, sehr gering umgesetzt wird“. Es fehle an Projekten, ausgereiften Konzepten und qualifizierten Mitarbeitern.

Besonders problematisch ist die zeitliche Begrenzung der Aktionen auf wenige Monate. „Jugendliche brauchen Erwachsene, die sich Zeit nehmen und nicht ihre Arbeit abbrechen müssen, weil die Maßnahme abgelaufen ist“, sagt Brüggemann. Die Betreuung rechtsgerichteter Jugendlicher ist ein „langwieriger Prozess“, eine Veränderung ihrer Einstellung und Denkweisen ohnehin nur „eingeschränkt umzusetzen“, stimmt Stephan Voß, Leiter der Geschäftsstelle der Berliner Landeskommisssion gegen Gewalt, zu. In vielen Kommunen sind die Jugendhilfemittel jedoch in der Regel zu fast 100 Prozent durch Pflichtaufgaben gebunden, auch freie Träger können selten zusätzliche Mittel für Maßnahmen gegen rechts locker machen.

Trotzdem findet Voß auch die Förderung kurzfristiger Maßnahmen sinnvoll: „Es geht auch um das Klima in einer Stadt.“ Um rechtsorientierte Jugendliche zum Umdenken zu bewegen, bedürfe es ständiger Konfrontationen – auch Plakate in U-Bahnen oder Freunde, die zum „Rock gegen rechts“ gehen, könnten diese Auseinandersetzung fördern. NADIA LEIHS