„Der SFB ist richtig schlank“

Kritiker und Skeptiker möchte Horst Schättle am liebsten mit Baldrian beruhigen. Im taz-Interview fühlt sich der SFB-Intendant wie ein tüchtiger Bernhardiner, der die Fusion mit dem ORB voranbringt

Noch ist unklar, wie die neue Anstalt heißen soll, wann sie auf Sendung geht und wer ihr erster Intendant wird. Klar ist aber, dass nicht jeder begeistert ist, wenn der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) und der Sender Freies Berlin (SFB) sich zusammentun wollen. Nachdem in früheren Jahren die Berliner CDU das Projekt gebremst hat, ertönt jetzt Widerspruch aus den Unionsreihen in Brandenburg.

taz: ORB-Chef Hansjürgen Rosenbauer propagiert neuerdings die Internationale Funkausstellung im August/September 2003 als Sendestart für die neue Anstalt. Ob Sie das alles so schnell hinkriegen?

Horst Schättle: Symbolics sind schön – aber mir geht es ums Projekt. Wenn es 2004 wird, bricht nichts zusammen. Also: Schritt für Schritt, eins nach dem andern. Ich bin keiner, der das Pferd von hinten besteigt.

Wie sieht Ihr Zeitplan aus?

Das Wichtigste ist, dass der Staatsvertrag noch in diesem Jahr ratifiziert wird. Wenn das nicht klappt, verschiebt sich alles nach hinten. Vier Wochen nach der Ratifizierung tritt der neu gewählte Rundfunkrat zusammen und bestimmt den Verwaltungsrat. Dann geht es im Rundfunkrat um die Frage: Wer wird Intendantin oder Intendant?

Wohl nicht Horst Schättle.

Nein, man muss auch mal jüngere Leute ranlassen – bevor man mich noch die „Mutter Teresa der ARD“ nennt. Ich werde nächstes Jahr 64.

Herr Rosenbauer hat zwar nie gesagt, dass er Intendant werden will. Aber er hat es auch nie dementiert.

Der Kollege Rosenbauer ist wirklich ein ordentlicher Profi. Insofern hätte ich – ich muss ja im Konjunktiv reden – Verständnis, wenn er sich dafür interessierte. Allerdings bin ich der Auffassung, dass diesen Job jemand machen soll, der noch für eine zweite Periode zur Verfügung steht und nicht nur für fünf Jahre. Und Rosenbauer ist immerhin auch schon 60.

Wie verstehen Sie beide sich?

Ich komme ordentlich mit ihm aus. Wir sind keine Männerfreunde, gehen aber ab und zu essen. Manchmal fetzen wir uns, aber das gehört dazu.

Fetzen Sie sich auch mit der brandenburgischen CDU?

Sie spielen auf die Fusionskritik an, die der Abgeordnete Wolfgang Hackel geübt hat? Nun, ich habe ihm in in einem Brief auf seine Vorwürfe geantwortet.

Er spricht von „millionenschweren Altlasten des SFB“.

Das ist eine Schimäre. Was er meint, sind die Ansprüche unserer Mitarbeiter auf Altersversorgung. Diese finden Sie, durch einen zweckgebundenen Anteil der Rundfunkgebühren gesichert, auch bei NDR, SWR, HR und Radio Bremen.

Vier Millionen werden laut Wolfgang Hackel dafür draufgehen, dass die unterschiedlichen Arbeitszeiten und Tarifverträgen der beiden Sender aneinander angeglichen werden.

Das ist nicht mehr als eine Hochrechnung. Der Betrag wird sicher nicht so hoch ausfallen. Im übrigen ist dies Sache von neuen Tarifverhandlungen. In diesem Zusammenhang kann ich nur sagen: Der SFB ist richtig schlank geworden.

Der SFB – schlank?

Ja, heilig’s Blechle, der SFB hat in den vergangenen Jahren seinen Personalstand um mehr als 300 Stellen verringert. Das hat uns um etwa 15 Millionen Euro pro Jahr entlastet. Wenn wir das nicht gemacht hätten, säßen wir heute wirklich auf einem Berg von Schulden. Vor diesem Hintergrund kann ich aber sagen, dass wir wirklich niemanden wegen der Fusion auf die Straße setzen müssen.

Sind es nur einzelne Abgeordnete wie Hackel, die sich kritisch äußern – oder opponiert die gesamte brandenburgische CDU gegen die Fusion?

Ich bin natürlich nicht in der Lage, detailliert in die Psyche der CDU einzusteigen. Aber manchmal habe ich schon das Gefühl, dass Zustimmung signalisiert wird, die eigentlich eine höfliche Form von Abneigung ist.

Mit Rot-Rot in Berlin können Sie dagegen zufrieden sein.

Ich bin zufrieden, dass die Koalition sich die Fusion auf die Fahnen geschrieben hat. Es ist unverantwortlich, dass sich zwei kleine Anstalten, die gerade mal einen Steinwurf voneinander entfernt sind, Konkurrenz machen – ganz unabhängig von einer Länderfusion. Deswegen bin ich seit Anfang der 90er-Jahre für die Fusion.

Das haben Sie aber stets gut zu verbergen gewusst.

Ich verstehe wirklich nicht, warum ich immer wieder als Fusionsgegner dargestellt werde.

Noch vor gut einem Jahr haben Sie gesagt: „Wir sind nicht die Minenhunde der Politik.“

Da waren ja die Bedingungen anders. Die Potsdamer beschäftigten sich noch mit „ORB 2010“, als wir schon ein Gutachten zur Vorbereitung einer Fusion in Auftrag gegeben haben. Außerdem hatte die damalige Berliner CDU-Regierung ja gesagt, dass eine Fusion für sie kein Thema sei. Und wer kämpft schon gerne, wenn er von vornherein keine Chance hat? Minenhunde sind doch dazu da, dass sie weggefegt werden. Heute sind wir tüchtige Bernhardiner, die wirklich etwas zustande bringen.

So richtig mit dem Schnapsfässchen um den Hals?

Nein, mit einem Baldrianfässchen – für die aufgeregten Fusionsskeptiker.

INTERVIEW: ALEXANDER KÜHN