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„Problematischer als illegale Drogen“

Studie: Tagestherapie ist erfolgreich gegen Alkoholsucht  ■ Von Heike Dierbach

Es ist ein ganz normaler Tagesablauf: 8.30 Uhr Arbeitsbeginn mit Meeting, Vormittagsprogramm, Mittagspause, Nachmittagsprogramm, Feierabend zu Hause. Mit dem Unterschied, dass die 24 Männer und Frauen, die fünf Tage pro Woche in die Tagesklinik des Sozialtherapeutischen Zentrums für Suchtkranke (STZ) kommen, vor allem für sich und an sich etwas leis-ten: Den Ausstieg aus der Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten. Die Mehrzahl schafft es mit dieser „teilstationären“ Methode – so das erfolgreiche Fazit der Tagesklinik nach fünfjährigem Bestehen.

Schon die Lage suggeriert Alltag: Die Tagesklinik befindet sich im vierten Stock eines Bürogebäudes in einem Hummelsbüttler In-dustriegebiet. Ihr Angebot ist einmalig im norddeutschen Raum. Anderswo müssen Ausstiegswillige sich entscheiden zwischen stationärer oder ambulanter Therapie. Die Hamburger Tagesklinik bietet seit 1997 einen Mittelweg. Der ist, wie das Universitätsklinikum Eppendorf jetzt in einer Studie herausgefunden hat, ebenso erfolgreich wie die stationäre Behandlung: 75 Prozent der TeilnehmerInnen halten die 12 Wochen durch.

Von diesen geben bei einer Nachbefragung nach durchschnittlich 21 Monaten wiederum 80 Prozent an, zurzeit abstinent zu leben. Die Belastungen in der Familie und am Arbeitsplatz haben sich nach eigener Einschätzung halbiert. Bessere Werte erreichen stationäre Therapien auch nicht – die aber rund doppelt so teuer sind. Trotzdem wird in Deutschland nach wie vor das stationäre System favorisiert, beklagt Professor Uwe Koch vom Medizinpsychologischen Ins-titut des UKE, der die Tagesklinik wissenschaftlich begleitet.

„Die Stärke der Tagesklinik liegt in der alltagsnahen Struktur der Behandlung“, sagt Mitarbeiter Hans-Jürgen Streng: Die PatientInnen können das Erlernte gleich am Abend zu Hause anwenden, Prob-leme von dort gleich am nächsten Tag in der Gruppe besprochen werden. Allerdings ist die Tagesklinik nicht für alle Ausstiegswilligen geeignet. Der soziale Hintergrund sollte einigermaßen stabil sein. Obdachlose etwa sind im Krankenhaus besser aufgehoben.

Rund 50.000 HamburgerInnen sind alkoholabhängig – drei Prozent der Bevölkerung: „Das Prob-lem legaler Drogen ist viel größer als das illegaler Drogen“, resümiert Klaus Wicht, Geschäftsführer der Martha-Stiftung, die das Projekt seit seiner Gründung finanziell fördert: „trotzdem fällt Alkoholsucht politisch meist hinten runter.“ „Dafür erspart man sich aber auch manche allzu aufgeregte Debatte wie beispielsweise bei der Heroinambulanz“, sagt Koch.

Er prüft nun in einer Studie die Wirksamkeit von Akupunktur bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, die das STZ ebenfalls einsetzt. Dieses Projekt wird in diesem Jahr erstmals von der Stadt mit rund 56.000 Euro bezuschusst – und ist damit eins der wenigen rot-grünen Sozialprojekte, das den Regierungswechsel überlebt hat.

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