Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Die Ausländerbeauftragte des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg

„Was guckst du?“ Die das so salopp vom Plakat fragt – das muss man in dieser Schwarzweißzeitung kurz erklären –, hat zwei unterschiedlich gefärbte Augen: linkes Auge blau, rechtes Auge braun. Ob das eine programmatische Aussage sein soll?

„Schon deutsch?“ steht schwungvoll, quasi handschriftlich auf der Wange der jungen Frau. Und darunter, gerader, gedruckter, amtlicher: „Sonst lass dich einbürgern!“ Das lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Baby, was zählt, ist nicht deine Augenfarbe. Die ist uns Piepenhagen. Was zählt, ist, dass du deutsch bist! Alles andere ist Käse und zählt nicht. Ausrufezeichen!

Wer macht denn so was, fragen Sie? Die DVU? Nee, „die Ausländerbeauftragte des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg“, wie klein gedruckt am unteren Bildrand verraten wird. Typisch, wird da mancher denken, Hamburg wählt sich einen verwegenen Populisten zum Innensenator einer Mitte-rechts-Regierung, und schon tümelt es deutsch von Hamburgs Litfaßsäulen und (wie hier) den öffentlichen Klohäuschen. Da sieht man’s wieder …

Falsch gedacht, oder zumindest nicht ganz richtig gedacht. Denn die derzeitige Amtsinhaberin, Ursula Neumann mit Namen, hat schon dem rot-grünen Vorgängersenat in dieser Position gedient; eine umtriebige und offenbar über Parteigrenzen hinweg anerkannte Fachbeamtin. Mögen sich die Berliner Parteien noch so medienwirksam über die Zuwanderung gestritten haben – die Tatsache, dass Frau Neumann vom neuen Hamburger Senat nicht stante pede ausgewechselt wurde, belegt: Konsens in der Ausländerpolitik ist offensichtlich doch machbar. Nur zeigt sich: Nonsens leider auch!

Mal im Ernst: Was würden Sie von folgender Werbung halten? Ein junger Mensch starrt sie an und fragt: „Schon Biff gekauft? Sonst jetzt Biff kaufen, zack, zack!“ Oder: „Schon Danone gelöffelt? Sonst jetzt Danone löffeln, dalli!“ Oder: „Schon taz gekauft? Sonst abonnieren!“ Wär doch doof, oder? Als freier Bürger in einer Warendemokratie möchte man doch, bitte schön, die Qual der Wahl haben dürfen.

Ziel der Kampagne sollen laut taz Hamburg junge AusländerInnen zwischen 16 und 23 sein, die sich auch ohne Zustimmung der Eltern naturalisieren lassen können. Von den Eltern sollen sie sich nichts vorschreiben lassen, wohl aber vom Staat. „Eh, ane, was guckst du? Isch bin jetzt deutsch!“ Na klasse. REINHARD KRAUSE