Mit Werkstattcharakter

Das Frühlings-Festival „Feuer und Flamme“ auf Kampnagel will kein Marketingveranstaltung der Produzenten sein  ■ Von Annette Stiekele

Im April ist ganz Kampnagel „Feuer und Flamme“. Das neue Festival mit dem lodernden Symbol ist nicht als Nachfolger der „Jungen Hunde“ aus der Res-Bossart-Ära gedacht und bedient sich auch nicht des bekannten Netzwerks. Festivals althergebrachten Charakters, in denen das „Marketing der Produzenten im Vordergrund stehe“, lehnt die neue Kampnagel-Intendantin Gordana Vnuk ab. „In den 80er und 90er Jahren sind die ,Independance Days' oder die ,Jungen Hunde' zu Verkaufsplattformen verkommen“, klagte die Kampnagel-Leiterin bei der Vorstellung des „Feuer- und Flamme“-Konzeptes auf Kampnagel. Man sei zunehmend bei Projekten gelandet, die „keine Wahrnehmungsprobleme verursachen“. Zudem habe man die Zuschauer aus dem Auge verloren. Vnuk will hier einen Ansatz wagen, der sich eingehender mit künstlerischen Prinzipien auseinandersetzt.

„Feuer und Flamme“ soll eine neue Plattform schaffen, der ambitionierte Name die Leidenschaft ausdrücken, mit der Projekte verfolgt werden. Der Werkstattcharakter steht dabei im Vordergrund. Angesprochen werden innovative und risikobereite Projekte, für die man jenseits der Spielplanschwerpunkte kurzfristig Raum geschaffen hat. Vielfach sind es kleinere Projekte oder Weiterentwicklungen bereits begonnener Arbeiten. Synergien sollen geschaffen, ein gegenseitiger Austausch der Gruppen ermöglicht werden. Gastspiele spart man bewusst aus, so dass das Festival ausschließlich Premieren bietet. Junge Hamburger Künstler aus unterschiedlichen Disziplinen sind von nun an jährlich aufgefordert, zu wechselnden Schwerpunkten ihre Ideen und Projektpläne einzureichen. In diesem Jahr dreht sich vom 4. bis zum 13. April auf Kampnagel alles um den Tanz.

Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurden bekannte Hamburger Choreographen angefragt. Und am Ende hatte Kampnagel-Dramaturgin Kathrin Tiedemann zwölf ernste Anfragen auf dem Tisch, von denen sie acht zum Festival einladen konnte. Da „Feuer und Flamme“ bewusst kein Nachwuchsfestival ist, verwundert es nicht, dass unter den Teilnehmern in diesem Jahr lauter alte Bekannte sind, erfahrene Mitglieder der Hamburger Tanzszene. Übergreifend lobte Tiedemann ein „starkes „Interesse an sozialen und politischen Fragen“ bei den Teilnehmern.

Am 4. April eröffnet die Gruppe Magpai mit ihrem Stück DMT, einer Weiterentwicklung ihrer Auseinandersetzung mit der Medienwirklichkeit, die sie unter dem Namen Dangerous Modes of Transportation begonnen haben. Ebenfalls am 4. April wird Victoria Hauke in ihrer Werkstattaufführung Pärk auf einem fiktiven Sportspielfeld ein schwedisches Ballspiel inszenieren und dabei die Prinzipien von Bewegung und Tanz hinterfragen. Jochen Roller entführt am selben Abend in Nouvelles Frontières Benami Cha Cha in eine muntere Clubdarbietung.

In ihrem Solo Das Kind setzt sich am 12. und 13. April die Hamburgerin Dorothea Ratzel mit dem Phänomen der Einsamkeit nach dem gleichnamigen Text von Lothar Trolle auseinander. Und zu guter Letzt präsentieren die vier bekannten Hamburger Choreographinnen Vicky Cortés, Angela Guerreiro, Antje Pfundtner und Anne Rudelbach am 12. und 13. April neue künstlerische Entwicklungen in jeweiligen Soloperformances.

Zum öffentlichen Festivalprogramm kommen zwei Workshops mit internationalen Choreographen hinzu. Vom 2. bis zum 5. April wird der Japaner Saburo Teshigawara – durch Laokoon in Hamburg kein Unbekannter – sein „Education Project“ auf Kampnagel verlegen und mit Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren arbeiten. Ebenfalls zu Gast beim vergangenen Sommerfestival war die amerikanische Goat Island Performance Group. In einem weiteren Workshop wird sie Interessierte vom 5. bis zum 7. April in ihr spezielles Unterrichtsprogramm des „Creative Response“ einweihen. Die Kampnagel-Leitung jedenfalls gibt sich optimistisch, dass auch die Hamburger „Feuer und Flamme“ für dieses Programm sein werden.

Detailliertes Programm unter www.kampnagel.de