Tödliches Beben

Im Nordosten Afganistans sterben bei einem erneuten Erdbeben bis zu 4.800 Menschen. Mehrere tausend wurden verletzt und warten auf Hilfe

KABUL ap ■ Der Nordosten Afghanistans ist am Montagabend von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Die Nachbeben hielten bis gestern Nachmittag an. Schätzungen über die Zahl der Todesopfer schwankten zwischen 1.200 und 4.800. Mehrere tausend Menschen sollen darüber hinaus verletzt worden sein. Die afghanischen Behörden erklärten, sie hätten nicht genügend Hubschrauber, um alle Verletzten in Krankenhäuser zu bringen. Das Beben vom Montag hatte eine Stärke von 5,9.

Der Erdstoß zerstörte fünf Dörfer in der Region Nahrin, 140 Kilometer nördlich von Kabul. Das afghanische Verteidigungsministerium erklärte, etwa 600 Tote seien bereits aus den Trümmern geborgen worden. „90 Prozent von Nahrin sind zerstört“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Vor Ort sagte der Militärkommandeur General Chalil der Nachrichtenagentur AP, etwa 2.000 Menschen würden vermisst. Viele Bewohner hätten die Nacht im Freien verbracht, weil alle Häuser zerstört worden seien. „In den Dörfern steht kein einziges Haus mehr“, erklärte er. Menschen suchten in den Trümmern verzweifelt nach ihren Verwandten. Die Nachbeben versetzten die Menschen immer wieder in Panik. „Es gibt viele Verletzte, und wir haben nicht genug Hubschrauber“, erklärte Chalil.

Die Zahl von 1.200 Toten beruht auf Schätzungen der Hilfsorganisation Acted, deren Gebäude komplett zerstört wurden. In Genf sagte eine UN-Sprecherin, die afghanischen Behörden hätten sie von möglicherweise 4.800 Todesopfern informiert. Das Epizentrum des Bebens lag nach Angaben von Geologen 170 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kabul im Hindukusch. UN-Sprecher Jusuf Hassan erklärte, Hilfsorganisationen bemühten sich, Zelte und andere Hilfsgüter in die betroffene Region zu bringen. Dort leben nach seinen Angaben etwa 82.000 Menschen.

Die Bundesregierung sagte Afghanistan umgehend Hilfe zu. Im Auswärtigen Amt koordiniert ein Krisenstab die deutsche Hilfe mit der UNO, der deutschen Botschaft in Kabul, dem in Afghanistan stationierten Bundeswehrkontingent und dem Technischen Hilfswerk. Erst am 3. März waren bei einem Erdstoß der Stärke 7,2 in Afghanistan mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Obwohl das Beben vom Montag deutlich schwächer war, richtete es größeren Schaden an, weil sein Epizentrum nur in etwa 70 Kilometer Tiefe lag.