Das Straßenbild

Das Straßenbild. Heute: die Siemens-Waschmaschinenreihe IQ

Da muss man wirklich lange grübeln: Wann haben wir uns das letzte Mal dermaßen über ein neues Elektrogerät gefreut, dass wir vor Jubel Luftsprünge vollführt haben? Als der CD-Brenner endlich den eingelegten Rohling nicht ruiniert hat? Ach nein, das war eher Erleichterung oder das Nachlassen von tiefer Verbitterung. Als der Pürierstab endlich alle Klümpchen im Pudding beseitigen half? Unsinn. Dann müssen wir weiter zurück in die Vergangenheit. Vermutlich haben wir uns nur einmal so gefreut: Als der schrappige No-Name-Mono-Plattenspieler nach der Konfirmation endlich gegen einen Dual-Stereo-Plattenspieler ausgetauscht wurde. Aber Luftsprünge? Das ist wohl doch etwas übertrieben …

Die Firma Siemens möchte uns glauben machen, dass wir dieses Gefühl jugendlicher, ja geradezu pubertärer Lebensfreude und Dankbarkeit gegenüber der Technik neu erleben können, wenn wir eine ihrer neuen Waschmaschinen kaufen. Aus der „Serie IQ“ – wie Intelligenzquotient. Dann werden wir aufgeregt wie die junge Dame auf dem Plakat durch unsere weiß geflieste Waschküche hopsen, „Ja!!!“ rufen oder gar „Spitze!!!“, und die Waschmaschine wird still und zufrieden vor sich hin schnurren und ihr kluges Tagewerk verrichten.

„Nie war Waschen leichter“, behauptet Siemens. Denn die IQ-Waschmaschine „begeistert durch Intelligenz“. Womit sich die Frage aufdrängt, ob unsere alten Waschmaschinen nun einfach selten dämlich waren – oder ob wir nunmehr, als stolze IQ-Besitzer, selber nicht mehr darauf angewiesen sind, etwas in der Birne zu haben. Hat die IQ womöglich ein Wäschesortierprogramm, weil wir es nicht gebacken bekommen, Weißes und Buntes, Wolliges und Baumwollenes zu trennen? Hat sie einen Anti-Strumpf-Vernichtungs-Chip eingebaut bekommen? Oder bracht man die IQ nur zu füllen, und sie errechnet selbsttätig den Programmverlauf? Nein, das kann es nicht sein, denn sonst hätte die IQ doch gar nicht so viele Tasten nötig – unter anderem drei Memory-Tasten. Aber das sieht man nur, wenn man ganz nah ans Plakat herantritt. Vielleicht kann sich die neue Waschmaschine von Siemens ja auch ganz andere Dinge merken, die mit dem Waschen rein gar nichts zu tun haben. Etwa so: Wolltest du nicht endlich einmal wieder deine alten Studienfreunde anrufen? So Dinge halt, für die unsere Ahnen angeblich immer einen Knoten ins Taschentuch gemacht haben. Aber ist das schon Intelligenz?

REINHARD KRAUSE