Hören Sie mir auf mit Ostern

Die Bull-Analyse: taz-Geschäftsführer Andreas Bull über saisonal bedingte Abolöcher zu Ostern, wieso die vielen Abounterbrechungen der taz immens schaden und was LeserInnen dagegen tun können

Herr Bull, nach dem Aus der Woche war die taz wieder in aller Munde. Als Positivbeispiel. Die Welt am Sonntag schrieb über die taz: „Auch sie kämpft, aber sie hat schon viel von dem hinter sich, was anderen noch bevorsteht.“ Gratulation, Sie können über Ostern ja mal richtig die Füße hochlegen, oder?

Andreas Bull: Das mit der Gratulation ist ja nett gemeint. Aber durchaus zweischneidig. Einerseits ist solch ein Urteil natürlich Anerkennung für qualitativ gute Arbeit. Das hat sich auch in den Abozahlen vor allem nach dem 11. September niedergeschlagen. Aber es reicht eben noch nicht. Zumal die Tendenz der Abokurve wieder nach unten zeigt.

Also kein ruhiges Osterfest mit Füße hochlegen?

Hören Sie mir bloß auf mit Ostern und Füße hochlegen!

Warum so angespannt?

Nicht angespannt, aber beunruhigt. Zu Ostern droht wieder ein Aboloch. Das ist schrecklich. Im vergangenen Jahr brach der einigermaßen gesunde Abopegel wegen des Osterlochs um 1.000 Abos ein. Dabei haben wir nichts dagegen einzuwenden, dass Leserinnen und Leser, die nicht zu Hause sind, ihre Zeitungsbelieferung unterbrechen …

aber das kostet Sie Geld.

Genau. Unterbrochene Abos sind unbezahlte Abos. Wenn die Zahlung für den Zeitraum etwa der Osterferien ausgesetzt und die taz nicht weiterbeliefert wird an andere Lesewillige, ist das für uns schlecht. Wir können im Gegenzug schließlich nicht mit Kurzarbeit oder einer Reduzierung des redaktionellen Angebots reagieren.

Was meinen Sie mit: an andere Lesewillige weiterbeliefern?

Das heißt: Wer die taz nicht mit in den Urlaub nehmen will, muss sie nicht zwingend abbestellen, um zu vermeiden, dass der Briefkasten überquillt. Der oder die LeserIn kann jemanden bestimmen, der für einen bestimmten Zeitraum die taz bekommt. Unsere Aboabteilung hat in ihrer Schublade eine ganze Liste mit Einrichtungen und Institutionen. Beliebt sind beispielsweise Jugendclubs, auch Gefängnisse, die interimsmäßig gerne einspringen. Wie gesagt: Ein Anruf bei unserer Aboabteilung genügt.

Sie sprachen von 1.000 Abos im Osterloch. Bekommt die taz die denn wieder, wenn Ostern vorbei ist?

Nur zum Teil. Das ist das Schlimme an diesen Löchern, da an ihrem Ende das vorige Niveau nicht erreicht wird.

Und das Gleiche wiederholt sich dann zu Pfingsten?

Ja, aber nicht so deutlich wie zu Ostern. Im vergangenen Jahr hatten wir einen Verlust von 249 Abos. Es fahren in dieser Zeit weniger LeserInnen in Urlaub als zu Ostern, also fehlen auch weniger Abos. Ein richtiger Einbruch droht dann wieder mit dem Sommerloch.

Muss einem um die taz wieder angst und bange werden?

Ja und nein. Die taz ist markttechnisch gesehen eine institutionalisierte Überlebenskrise. Aber in ihrer Binnenökonomie hat sie so stabile Strukturen entwickelt, dass sie auch durch schwierigste Konjunkturphasen manövriert werden kann. Die taz ist allein schon mangels finanzieller Mittel nicht verführt, unternehmerische Abenteuer einzugehen, wie es andere Verlage getan haben. Die Euphorie am Neuen Markt und die damit ausgelösten überdurchschnittlichen Anzeigeneinnahmen haben die Manager der Branche ja geradezu zu Expansionen genötigt. Die müssen jetzt schmerzhaft zurückgenommen werden.

Oder es führt wie im Fall der Woche sogar zur Einstellung des Produkts.

Man benötigt keine seherischen Fähigkeiten, um für die nahe Zukunft Notfusionen und sogar Einstellungen von Produkten am Zeitungsmarkt zu prognostizieren. Ein Vorteil der taz ist dabei, dass sie unabhängig von Konzernen und deren Strategien arbeitet. Gleichzeitig ist sie natürlich abhängig von der Nachfrage. Wir sind überzeugt, dass die in Frage kommenden taz-LeserInnen zahlreich genug sind, um die 50.000-Abo-Marke zu erreichen, die ja zunächst einmal nur unsere wirtschaftliche Kostendeckungslinie markiert. Und wir sind überzeugt, dass diese nicht erwarten, dass sich die taz nach dem Mainstream richten sollte, sondern den LeserInnen selbstbewusst journalistische Schlaglöcher bietet.

Apropos Schlaglöcher: Jetzt gehen Sie erst einmal Löcher stopfen über Ostern?

Zwangsläufig. Gefährlich wird es für die taz dann, wenn die Menschen glauben, sie sei über den Berg oder zumindest erst mal in wirtschaftlich ruhigeren Gewässern. Ach so: Aboverleiher können bei unserer Aboabteilung anrufen unter: (0 30) 25 90 25 90.