Keine Ruhe an der Heimatfront

Über 4000 TeilnehmerInnen beim Ostermarsch in Hamburg. Kritik an Scharon, Bush, Fischer und der Rasterfahndung  ■ Von Magda Schneider

Die Zuspitzung im Nahen Osten und die militärische „Terrorismusbekämpfung“ der USA treiben wieder mehr FriedensaktivistInnen auf die Straße: Mehr als 4000 Menschen nahmen gestern trotz Ausflugswetters am Hamburger Ostermarsch vom Holstenglacis durch St. Pauli zum Hafentor teil. Aufgerufen hatte das Hamburger Forum unter dem Motto: „Aufstehen für den Frieden – eine andere Welt ist möglich.“

Neben den traditionellen Jung-und-Alt-FriedensmarschiererInnen prägte diesmal äußerlich vor allem der Protest gegen die Besetzung der palästinensischen Autonomiegebiete durch die israelische Armee das Bild der Demonstration. Mehrere hundert aufgebrachte PalästinenserInnen waren mit Transparenten „Freiheit für Palästina“ und PLO-Fahnen gekommen. „Kindermörder Scharon“ und „Scharon ist ein Mörder und Faschist“, so die Sprechchöre. Einen Redebeitrag palästinensischer Gruppen gab es aber nicht.

Für die OrganisatorInnen des Ostermarsches stand das Säbelrasseln der USA im Vordergrund des Protestes. Sibylle Kirstein und Lühr Henken vom Hamburger Forum warfen den Vereinigten Staaten vor, unverhohlen einen Angriffskrieg auf den Irak vorzubereiten – angeblich, um die „Achse des Bösen“ zu zerschlagen. „Es wird uns nicht überraschen, wenn die US-Geheimdienste zur richtigen Zeit Erkenntnisse präsentieren, dass es eine Verbindung zur Al Quaida gibt“, sagte Kirstein. Dabei gehe es nicht um einen „Kreuzzug gegen das Böse“, sondern vorrangig „um die Vorherrschaft am Golf und um billiges Öl“. Noch lehne der grüne Außenminister Joschka Fischer zwar verbal eine Beteiligung Deutschlands an einem Irak-Krieg ab, so Kirstein, „aber glauben kann man dem Herrn nicht.“

Als besorgniserregend bezeichnete Henken auch die Drohungen, Nuklearwaffen gegen den „angeblichen Terror“ einzusetzen. So herrsche unter den US-Strategen zurzeit die „wahnsinnige Vorstellung“, Mini-Atombomben zu entwickeln, um die Wirkung räumlich zu begrenzen. „Mit den ,Mini Nukes' werden selbst Staaten bedroht, die über keine Atomwaffen verfügen“, kritisiert Henken: „Die Schwelle des Einsatzes sinkt, die Gefahr eines Atomkrieges wächst.“

Für den Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Schneider stehen die neuen Sicherheitsgesetze wie die Rasterfahndung im engen Zusammenhang mit dem Engagement der Bundeswehr als Interventionsarmee. „Krieg nach außen hat schon immer mit der Repression nach innen eine Allianz gebildet“, sagte Schneider: „Wer Krieg machen will, braucht Ruhe an der Heimatfront – das war schon so beim Kaiser und beim Führer, und das ist auch so beim Kanzler.“

Die Friedensbewegung kündigte an, wieder mehr in die Offensive zu gehen. Bereits am 21. Mai soll anlässlich des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Deutschland zentral in Berlin, aber auch in Hamburg demonstriert werden. Motto: „Stoppt Bushs globalen Krieg“.