EU-Gipfel ignoriert die EU-Umweltziele

Chef der EU-Umweltbehörde protestiert: Umweltpolitik wurde auf Gipfel in Barcelona nicht thematisiert

BERLIN taz ■ Die Ergebnisse des EU-Gipfels in Barcelona waren für alle Teilnehmer bescheiden – für Umweltorganisationen waren sie ein Rückschritt: Weder Energieverbrauch und Kohlendioxidausstoß noch die Transportpolitik wurden Mitte März von den 15 Teilnehmerstaaten thematisiert. Alle Beschlüsse wie die Teilliberalisierung des Strommarktes oder die geringfügige Anhebung der Entwicklungshilfe um 0,06 Prozent wurden ohne Blick auf eine nachhaltige Entwicklung getroffen, so die Kritik.

Kritik kommt auch von den Europa-Behörden: Der Chef des EU-Umweltbüros EAA (European Environment Agency), Domingo Jiménez-Beltrán, sprach Ende März in einem „persönlichen Statement“ von „erschreckenden Ergebnissen für die Umwelt“. Umweltpolitische Fragen seien „generell ignoriert“ worden und die europäische Führungsrolle in einer nachhaltigen Politik damit gefährdet. So steige zum Beispiel der Ausstoß von CO2 entgegen eigenen Beschlüssen in Europa an. Nur ein Wunder könne dem Nachfolgegipfel im Juni in Sevilla zu einem umweltpolitischen Fortschritt verhelfen.

Auch die Grünen im Europaparlament sehen in den Beschlüssen von Barcelona einen Rückschritt. Monicca Frassoni, Vizepräsidentin der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, sagt: „Die EU scheint ihre eigenen Ziele vergessen zu haben.“ Rein wirtschaftliche Interessen wie Deregulierung und Liberalisierung stünden im Mittelpunkt. Ohne soziale und umweltpolitische Sicherungssysteme werde Europa niemals „die stärkste Wirtschaftskraft.“

Das größte Netzwerk von Umweltverbänden in Europa, „Friends of the earth“, bewertet den Gipfel als großen „Misserfolg“. Neue Richtlinien für die chemische Industrie würden ebenso wenig diskutiert wie die höhere Besteuerung von umweltschädlichen Transporten.

A. JOERES