Den Frieden wiederentdeckt

Nahostkrise und Afghanistankrieg treiben die Menschen wieder zu Ostermärschen. Forderungen: Rüstungsexporte nach Nahost einzustellen und deutsche Soldaten aus Kriegsgebieten abzuziehen

von NICOLE JANZ

Mehrere 10.000 Menschen haben sich an den diesjährigen Ostermärschen der deutschen Friedensbewegung beteiligt – deutlich mehr und vor allem jüngere als im vergangenen Jahr. Die Lage im Nahen Osten und der „Krieg gegen den Terror“ hatten die Leute auf die Straße gebracht. Die größten Demonstrationen gab es in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Nürnberg und Kassel.

Das Frankfurter Ostermarschbüro zog gestern eine positive Bilanz der Aktionen, die am Karfreitag begonnen hatten. An vier Tagen habe es in 70 Städten Märsche, Kundgebungen und Fahrraddemonstrationen gegeben. „Dies zeugt von einer lebendigen Protestbewegung gegen den Krieg“, sagte Sprecher Willi van Ooyen. Die Bereitschaft, sich zu engagieren, sei angesichts der Lage in Afghanistan und im Nahen Osten im Vergleich zum Vorjahr erheblich gestiegen.

Auf zahlreichen Kundgebungen schlossen sich die Demonstranten Aufrufen der israelischen und palästinensischen Friedensbewegung an, die Spirale der Gewalt in Nahost zu beenden. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, Rüstungsexporte in diese Region einzustellen. Im Mittelpunkt stand auch die Kritik am so genannten „Krieg gegen den Terrorismus“. Die Demonstranten forderten, die Bundeswehr dürfe sich nicht weiter am Krieg der USA beteiligen.

Bei der gestrigen Kundgebung in Berlin waren mehrere hundert Ostermarschierer beteiligt. Nach Polizeiangaben setzten sich am Nachmittag rund 1.400 Menschen vom Alexanderplatz in Mitte aus in Bewegung. Im Laufe des Marsches durch die Innenstadt sollten noch weitere Gruppen aus der Region Berlin-Brandenburg hinzustoßen. Die Abschlusskundgebung war vor dem Brandenburger Tor geplant. Besonders lautstark machte sich eine Gruppe bemerkbar, die das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser verurteilte. In ihrem Aufruf kritisierte die „Friedenskoordination Berlin“, ein Zusammenschluss von rund 60 Initiativen, „dass die politisch Verantwortlichen die Ereignisse vom 11. September als Vorwand nutzen, seit längerem andauernde Konflikte weltweit mit Militärinterventionen weiterzuführen“.

In Frankfurt am Main waren rund 4.000 Menschen in einem Sternmarsch aus vier Richtungen ins Zentrum gezogen. IG-Metall-Vorstandsmitglied Horst Schmitthenner sagte, der Terroranschlag vom 11. September werde für die Kriegführung „instrumentalisiert“. Der Zielkatalog des Afghanistan-Krieges sei immer weiter aufgefächert worden, „so dass für fast jeden etwas Passendes zu finden war“, so Schmitthenner.

Rund 5000 Menschen haben sich am Sonntag im Kreis Ostprignitz-Ruppin am 10. Ostermarsch gegen den geplanten Bombenabwurfplatz der Bundeswehr beteiligt. Fritz Kuhn, Bundesvorsitzender der Grünen sicherte die Unterstützung seiner Partei zu: „Diese Region verträgt keinen Bombenabwurfplatz.“

Weitere Schwerpunkte der Aktionen bildeten am Ostersonntag der Ruhr-Ostermarsch von Essen nach Bochum und die Leipziger Fahrradstafette, die jeweils mehrere hundert Menschen auf die Straße brachten. Zudem gab es einen gut besuchten Eifel-Osterspaziergang durch Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Ostbelgien. In Hamburg demonstrierten über 1.000 Menschen, in Nürnberg kamen ebenso viele zum Ostermarsch. In Kassel sprachen Veranstalter von 1.200 Teilnehmern.

Willi van Ooyen vom Ostermarschbüro schätzt, die hohen Teilnehmerzahlen würden sich auch bei den geplanten Aktionen aus Anlass des Bush-Besuchs im Mai widerspiegeln.