Kurswechsel

■ Salif Keäta, erster Star der Weltmusik, kehrt zu Akustischem zurück

„Da war eine Mauer, die habe ich niedergerissen.“ Entschlossen ballt der Mann mit den hellen Rastazöpfen seine Faust. Salif Keäta, Vater der modernen Musik Malis und ansonsten eher schweigsam, kommt in Wallung, wenn er vom Beginn seiner Karriere erzählt. Gegen den Willen seiner Eltern brach der Albino Ende der Sechziger aus dem strengen Gefüge einer aristokratischen Bauernfamilie aus und wurde Sänger der berühmten Rail Band, die im Bahnhofsbuffet der Hauptstadt Bamako eine neue Synthese aus afro-kubanischen Klängen und den Traditionen der Mande-Völker schmiedete. Über Abidjan kam der heute 52-Jährige, der seinen Stammbaum auf Prinz Sounyata, den Gründer des sagenhaften Reiches Mali zurückführt, nach Paris, wo ihn die europäische Plattenindustrie zum ersten Weltmusik-Star machte. Fortan lotete Keäta mit internationaler Prominenz aus, wie sich Kora und Balafon mit Rockinstrumenten und traditioneller Sahel-Gesang mit Popsongs zusammenfügen lassen.

Da sitzt er nun in einer Hotel-Lobby, eingemummt in seine Lederjacke und schaut in den Nieselregen nach draußen. Er ist müde und hat wenig Lust über sein neues Album zu sprechen, mit dem er sich nun wieder akustischer Erdigkeit verschrieben hat. „Ich wollte zur einfacheren, natürlicheren Musik zurückfinden, ich habe zuviel ausgeklügelte Sachen produziert in der Vergangenheit“, begründet er knapp den Kurswechsel. Und dies zu einem Zeitpunkt, wo viele Kollegen in der afrikanischen Musikprominenz von ihrer Anbiederung beim europäischen Publikum Abschied nehmen.

Doch ist sein Neuling Moffou nur zufällig ein Statement gegen Kommerzialisierung schwarzafrikanischer Sounds: „Meine Alben habe ich immer für die ganze Welt gemacht, das ist einfacher für mich. Schließlich bin ich Musiker und kein Geschäftsmann.“ Neben dem Urbanjo Ngoni und den Riffs der Buschharfe Kamalengoni tummeln sich auf seinem aktuellen Output auch unvermittelt melancholisches Akkordeon oder überraschende Steeldrums. Oder die Stimme von Überraschungsgast Cesaria Evora, deren vokales Timbre dem von Salif sehr ähnelt: „Ich habe die Melodie in unserem Duett ein bisschen ihrer Musik angepasst. Aber soweit auseinander sind kapverdische Klänge und die der Mandingo gar nicht. Wir haben ja beide diesen Latin-Einfluss.“

Selbstbewusst betont der in Paris Wohnende die Bedeutung seiner Heimatstadt Bamako, die gerade dabei ist, Dakar den ersten Rang als westafrikanische Musikmetropole abzulaufen. „Konkurrenz zum Senegal gab es nie. Denn bei uns gibt es viel mehr musikalische Originalität, wir gründen unsere Kultur schließlich auf ein altes Reich“, verkündet er. „Was man in Dakar hört, ist doch nur von uns importiert.“ Und regelmäßig steht Keäta zuhause auf der Bühne – mit den alten Recken von der Rail Band.

Stefan Franzen

Montag, 21 Uhr, Fabrik