Menschenwürde prüfbar

Karlsruhe verhilft zwei Strafgefangenen zu Rechtsschutz, die sich gegen die Zellen-Doppelbelegung wehrten

FREIBURG taz ■ Strafgefangene können sich künftig effektiver gegen die Doppelbelegung von Zellen wehren. In zwei Verfahren erklärte gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass Verstöße gegen die Menschenwürde auch rückwirkend gerichtlich untersucht werden müssen.

Aus Mangel an Haftraum werden in Deutschland viele Häftlinge auch gegen ihren Willen zu zweit in einer Zelle untergebracht. In den konkreten Fällen handelte es sich um Räume mit nur knapp acht Quadratmetern Grundfläche und integrierter Toilette. Im einen Fall dauerte die Doppelbelegung der Zelle drei Monate, im anderen nur fünf Tage, wobei die Häftlinge aber nur eine Stunde täglich die kleine Zelle verlassen durften.

Klagen der Gefangenen wurden von den Fachgerichten als „unzulässig“ abgelehnt. Nachdem die Doppelbelegung beendet war, bestehe kein Rechtsschutzinteresse mehr, hieß es zur Begründung. Die Gefangenen legten jedoch Wert auf die Feststellung, dass ihre Unterbringung gegen die Menschenwürde verstoßen hatte. Eine solche Feststellung könnte auch Grundlage für Schadenersatzansprüche sein. Karlsruhe sah nun das Recht der Gefangenen auf „effektiven Rechtsschutz“ verletzt. Wenn es um die Verletzung von Grundrechten gehe, dürfe eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung nicht ausgeschlossen werden. Dem Recht auf Achtung der Menschenwürde komme im Grundgesetz sogar „ein Höchstwert“ zu. CR