Jawort für die Homoehe?

Die Homoehe vor dem höchsten Gericht: In Karlsruhe wird heute mündlich über die Verfassungsklage der Union verhandelt. Mehr als 3.000 schwule und lesbische Paare haben sich bislang „verpartnert“

von JAN FEDDERSEN

Auf diese Verhandlung hat die Union lange gewartet – genauer gesagt, seit Spätherbst des Jahres 2000, als mit den Stimmen der rot-grünen Koalition das Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften, kurz: Homoehe, beschlossen wurde. Seit 1. August vergangenen Jahres ist das umstrittene Reformwerk nun in Kraft.

Trotzdem wird über seine grundsätzliche Verfassungskonformität erst von heute an vor dem höchsten Gericht in Karlsruhe verhandelt. Denn zwar wurde der einstweiligen Anordnung von Thüringen, Sachsen und Bayern gegen das In-Kraft-Treten des Gesetzes nicht stattgegeben. Doch grundsätzlich – oder in einzelnen Punkten wie beim Erbrecht – könnten die Grundgesetzeshüter die Homoehe im Nachhinein für nichtig erklären.

Damit allerdings rechnet niemand: Um das Gesetz in Gänze zu stornieren, bräuchte es fünf der acht Richterstimmen – und die kommen, nach allem, was man aus der Spruchpraxis dieser Verfassungsjuristen weiß, nicht zusammen.

Die unionsregierten Länder aus dem Süden der Republik klagen gegen die Lebenspartnerschaften, weil sie ihrer Meinung nach das (heterosexuelle, auf Kinder ausgerichtete) Eheprivileg „untergraben“. Auch sei das Gesetz nicht regelkonform zustande gekommen. Das könnte die Richter auch interessieren.

Mehr aber wohl, wie neben den Juristen der streitenden Parteien die Betroffenen das Gesetz empfinden. Deshalb hat die Kammer – ein seltener Fall in der Geschichte der Verhandlungen in Karlsruhe – auch Manfred Bruns vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland eingeladen. Er wird darüber berichten, welchen materiellen und symbolischen Wert das Gesetz für Homosexuelle in der Bundesrepublik hat. Bis Ende März, auch diese Zahl wird für die Beratungen eine Rolle spielen, haben mehr als 3.000 männliche und weibliche Paare ihre Partnerschaft registrieren lassen. Selbst in Bayern, wo die CSU den Akt der Eintragung so standesamtfern wie möglich in seine Notariate verlegte, haben schon 286 Paare eine staatlich besiegelte Partnerschaft unterschrieben – darunter waren überproportional viele alte und sehr junge Menschen.

Die Union, so ist aus ihrer Parlamentsfraktion in Berlin zu hören, muss und will diese Normenkontrollklage durchziehen, um sich vor der eigenen Wählerschaft abzusichern. Kanzlerkandidat Edmund Stoiber hat schon vor drei Monaten erklärt, die Homoehe nicht wieder abschaffen zu wollen, wenn die Verfassungsrichter ihr das Jawort geben.

Offen bliebe dann der zweite Teil des Reformwerks, das seit einem Jahr vom Bundesrat blockiert wird. Dieses Ergänzungsgesetz gleicht aus, was den Partnern als Pflichten vom Hauptgesetz vorgeschrieben wird – die Versorgung des Partners beispielsweise: Steuerliche Verrechnungen hierfür sind momentan nicht erlaubt. Aber die Union beteiligt sich weder am Vermittlungsausschuss noch an der Arbeitsgruppe, die diesem zuarbeiten soll.

Immerhin gibt es zarte Signale aus wenigstens einem Bundesland, das von der Union geführt wird: Hamburgs Senat, so heißt es aus dessen Justizbehörde, wirbt inzwischen bundesweit – aber intern – für eine Anerkennung homosexueller Partnerschaften. Die Union könne es sich nicht mehr leisten, Homosexuelle zu diskreditieren. Ähnlich soll sich angeblich Saarlands CDU-Ministerpräsident Peter Müller – allerdings auch nur intern – geäußert haben.

Mit einem Urteil wird im Sommer dieses Jahres gerechnet.