vorlauf kunst Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um

Merkwürdiges Publikum hier. Die Leute auf der Vernissage von Michel Majerus sehen wie Models aus einer Casting-Agentur für Fernsehjugendliche aus. Sie haben mit Gel hochgestrubbelte Haare, tragen schlaff auf den Hüften sitzende Contrast-Denims, dazu Dolce-&-Gabbana-Stiefeletten und Parka. Ob sie gemietet sind? Jedenfalls passen sie gut in die Inszenierung von Majerus. Der aus Luxemburg stammende, lange schon in Berlin lebende Maler hat den Galerieraum bei neugerriemschneider mit einem außen gelb lackierten Chromrahmen umzäunt. Wer drinnen steht, ist automatisch selbst ausgestellt – als Tableau vivant einer Eröffnung. Um das Publikum herum hängen vier wandfüllende Arbeiten, für die Majerus verschiedene Printtechniken benutzt, die Motive stammen aus Pop, Comic und US-Flaggen-Patriotismus. Die ironische Brechung liefern Graffiti-ähnliche Kommentare: Irgendwo steht auch, dass er sich im Kunstbetrieb nicht wohl fühlt.

Auch in der Ausstellung von Daniela Brahm in der Galerie Barbara Thumm spielt das Zusammenspiel von Kunst und Öffentlichkeit eine entscheidende Rolle. Nur ist Brahm dem Leben gegenüber viel aufgeschlossener. Ihre Bildinstallation „Participation City“ ist einer Utopie gewidmet: Die abgebildeten Personen stammen aus dem Archiv eines deutschen Weiterbildungsinstituts, das seit den 70er-Jahren Medienarbeiter aus Afrika, Asien und Latein-Amerika in den neuesten TV-Produktionstechniken schult. Brahm nimmt die Portraits der Beteiligten und bearbeitet sie selbst medial – in Drucken werden sie zu überdimensionalen Gesichtern, die an Serien-Popstars erinnern. Im Kontrast dazu steht im Eingang der Galerie die Arbeit „Rebuff“, auf der ein Sicherheitstor abgebildet ist – als Symbol für die Grenze der Teilhabe.

Anregungen: vorlauf@taz.de

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