Mord zum Frustabbau

Potsdamer Jugendrichter verurteilt vier von fünf Angeklagten wegen Mordes an einem Obdachlosen. Die Tat hat zwar keinen rechtsextremistischen Hintergrund, war aber dennoch „politisch motiviert“

von HEIKE KLEFFNER

Im Prozess um den Mord an dem Obdachlosen Dieter Manzke verurteilte die Jugendkammer des Landgerichts Potsdam gestern vier der fünf angeklagten jungen Männer wegen Mordes zu Haft- und Jugendstrafen zwischen sieben und dreizehn Jahren. Lediglich im Fall des jüngsten Angeklagten erkannte die Kammer auf Totschlag und verurteilte den 17-Jährigen zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren.

Die 17 bis 22-jährigen Angeklagten hatten den 61-jährigen Dieter Manzke im August letzten Jahres in einem Gartenbungalow in der brandenburgischen Kleinstadt Dahlewitz brutal misshandelt und anschließend in einem Gebüsch versteckt. Der schwer alkoholkranke Mann, der mit Erlaubnis der Gemeindeverwaltung in dem Gartenbungalow gelebt hatte, erlitt während der vom Vorsitzenden Richter als „brutale Gewaltorgie“ bezeichneten Tat mehrere Knochenbrüche im Gesichts- und Schädelbereich sowie 16 Rippenbrüche. Er erstickte schließlich an schweren inneren Blutungen.

„Dieter Manzke musste sterben, weil er als Penner und Suffi den in der Nachbarschaft lebenden Angeklagten Dirk R. störte“, stellte der Vorsitzende Richter Klaus Przybylla in seiner Urteilsbegründung fest. Eine aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung sowie eigener Gewalterfahrungen „sozial verelendete Clique“ habe den Mann getötet, um mit dessen Misshandlung und Vertreibung „Frust abzubauen und Spaß zu haben“.

Przybylla betonte auch, das Tatgeschehen habe zwar keinen rechtsradikalen Hintergrund, es sei aber nach den reformierten Kriterien des Bundeskriminalamtes zur Erfassung politisch motivierter Kriminalität als „politisch motiviert“ zu werten. Denn die Tat habe sich gegen den gesellschaftlichen Status des Opfers gerichtet.

Das Gericht folgte mit dem Strafmaß im Wesentlichen den Strafanträgen der Staatsanwaltschaft, die allerdings für den 22-jährigen Dirk B. eine lebenslange Haftstrafe gefordert hatte. Als strafmildernd wertete das Gericht eine „alkoholbedingte Enthemmtheit“ der Angeklagten sowie deren teilweise erhebliche Persönlichkeitsstörungen durch eigene Gewalterlebnisse. Allerdings seien sich alle Angeklagten bewusst gewesen, dass Dieter Manzke bei der endlosen Abfolge von Tritten und Schlägen kaum eine Überlebenschance hatte, so der Richter.

Die Verteidiger hatten auf Verurteilungen lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge plädiert.

Sichtlich erschüttert fügte der Richter in seinem Schlusswort hinzu, er befürchte, dass die brandenburgischen Gerichte auch in Zukunft mit brutalen Taten wie dieser konfrontiert würden. Przybylla: „Die Einstellungsstruktur vor allem junger Menschen gegenüber sozial Schwachen hat sich nicht geändert.“