Mitverantwortung für das Massaker von Srebrenica

Eine Untersuchung wirft der niederländischen Regierung und der UNO Versagen vor. Mandat für Blauhelme und Kommunikation waren mangelhaft

DEN HAAG epd/ap/taz ■ Für das Massaker in der bosnischen Muslim-Enklave Srebrenica im Juli 1995 tragen die Vereinten Nationen (UNO) und die niederländische Regierung eine Mitverantwortung. Dies geht aus einem gestern in Den Haag veröffentlichten Untersuchungsbericht des Nationalen Instituts für Kriegsdokumentation hervor, den die niederländische Regierung in Auftrag gegeben hatte. Fehleinschätzungen, Kommunikationspannen und politische Überheblichkeit hätten zur Ermordung von 7.500 Muslimen beigetragen, heißt es.

Die Autoren werfen der niederländischen Regierung vor, die Soldaten in eine „unüberlegte und nahezu unausführbare Friedensmission geschickt“ zu haben. Die Einheit „Dutchbat“ habe kein klares Mandat und keine ausreichende Ausbildung gehabt. Der Studie zufolge hätte der Völkermord möglicherweise verhindert werden können. Wenn die niederländischen Soldaten Widerstand geleistet hätten, hätte sich der serbische General Ratko Mladić vermutlich abschrecken lassen, heißt es. Allerdings habe das UN-Mandat einen solchen Widerstand nicht vorgesehen. Nach Angaben des damaligen stellvertretenden Kommandeurs der UN-Einheit, Rob Franken, hatte außerdem Verteidigungsminister Joris Voorhoeve ausdrücklich den Befehl erteilt, nicht zu schießen. Das Leben der niederländischen Soldaten solle unter allen Umständen geschützt werden, sagte Franken im Fernsehen. Der Minister hat bisher bestritten, diesen Befehl erteilt zu haben.

Die niederländischen UN-Soldaten werden von direkter Verantwortung freigesprochen. Der Massenmord habe nicht unter ihren Augen stattgefunden. Allerdings habe die Armeeführung Augenzeugenberichte ihrer Soldaten über Menschenrechtsverletzungen nicht ernst genommen und nicht weitergeleitet. „Die Kommunikation versagte völlig“, heißt es in dem Bericht. Die Hauptschuld trage eindeutig der bosnisch-serbische General Ratko Mladić, der die Vertreibung und Ermordung angeordnet habe. Welche Rolle der bosnisch-serbische Führer Radovan Karadžić spielte und ob er informiert war, sei nicht klar, erklärte der Leiter des Instituts, Hans Blom. Es gebe keine Hinweise auf eine direkte Verwicklung des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević und der Behörden in Belgrad.