Ein Stückchen Medientorte

Das neue Medienmagazin „Zapp“ ist für Insider zu flach und für die breite Masse zu langweilig. Das gilt auch für Moderator Gerhard Delling. Gut, dass der NDR gar nicht mit hohen Quoten rechnet

von HEIKO DILK

Sonntag, 23.15 Uhr, das sei der Sendetermin, der der Platzierung der Medienseiten in den Zeitungen entspreche, meint Jürgen Kellermeier, Programmdirektor des NDR-Fernsehens. Und so lief die erste Ausgabe von „Zapp“ denn auch am Sonntag, 23.15 Uhr, moderiert von dem Sport-Journalisten und nach eigener Aussage „lausigen Tennisspieler“ Gerhard Delling.

Der hatte sich schon bei der Präsentation des Studios vor einer Woche, vielleicht in Erinnerung an frühere Medienmagazine, redlich Mühe gegeben, einen möglichst spaßigen Eindruck zu erwecken. Ob ihn denn jemand bei „Zapp“ vertrete, während die Fußball-WM in Japan und Südkorea stattfinde, wollte eine Journalistin wissen. „Ich fliege natürlich hin und her“, hat Delling da grinsend geantwortet und, Spaß beiseite, hinzugefügt: Er werde keine Vertretung brauchen, weil er gar nicht zur WM reise, sondern vom Studio in Deutschland aus moderiere – wie gewohnt mit Günter Netzer.

„Zapp“ macht er ohne Netzer und wirkt dabei wie immer: ein wenig steif. Statt des Experten Netzer waren in der ersten Sendung Bodo Hauser und Ulrich Kienzle eingeladen – als Experten für die Medienstrategien von SPD und CDU/CSU. Dass Delling Experten gut gebrauchen könnte, hatte man schon befürchtet, als er im Oktober den Fragebogen des rechtsradikalen Wochenblattes Junge Freiheit ausgefüllt hatte. Von der Süddeutschen Zeitung dazu befragt, sagte Delling, er habe das Blatt nicht gekannt.

Aber „Zapp“ soll ja kein Fachmagazin für Fachpublikum sein. Darauf legen die NDR-Verantwortlichen großen Wert. Eine „Sendung fürs Publikum, nicht fürs Genre“, wie Delling es ausdrückt. Dadurch sei das Themen-Spektrum breiter, was ihm entgegenkomme. Dass „Zapp“ zur Insidershow für Medienschaffende wird, braucht der NDR in der Tat nicht zu befürchten. Dafür sind die Beiträge und die Gespräche zu oberflächlich.

Leo und das Messer

Dreißig Minuten bleiben Delling und seinem jeweiligen Studiogast, um zwei Rubriken („Durchgezappt“ und das „Zapp-Archiv“) abzuhandeln und ein Schwerpunktthema zu diskutieren – und diesmal waren es sogar zwei. Schwerpunkt eins: Spin Doctors und Wahlkampfstrategien. Über die Strategien von Stoibers Spreng und Schröders Machnig erfuhr man nicht allzu viel, und von Hauser und Kienzle immerhin, dass sie das Getöse um die Kanzler-Macher für übertrieben halten. Schwerpunkt zwei: Leo Kirch, an dem derzeit keiner vorbeikommt. Sechs Jahre alte Aufnahmen von Leo Kirch, wie er eine Rede hält, und wenig später, bevor er eine Torte anschneidet, das Messer in einer Schnittbewegung an der Kehle vorbeiführt. Das hatte man so ja noch nicht gesehen, und es wirkt in Zeiten wie diesen natürlich enorm bedeutungsschwanger. Doch von den Tortenbildern mal abgesehen, war der Kirch-Einspieler nicht sehr ansprechend aufbereitet. Mehr Informationen lieferte dafür ab 23.35 Uhr die ARD mit „Leo Kirch – Das Ende eines Mythos“ – ebenfalls vom NDR und ebenfalls mit dem Tortensäbel (siehe „Standbild“).

Fragt sich, ob „Zapp“, anders als frühere Medienmagazine, auf Dauer erfolgreich sein kann. „Canale Grande“, das Mitte der 90er-Jahre kurzzeitig auf Vox lief, versuchte sich in Satire, hielt aber nicht lange durch. „Parlazzo“ vom WDR, das mehr auf Show setzte, wurde 1998 eingestellt. Und auch der NDR hat es schon einmal versucht. „Montevideo“ hieß das 1995 und wurde schnell wieder abgesetzt.

Heute, so meint NDR-Chef Jobst Plog, falle die Begründung für ein Medienmagazin im Fernsehen aber viel leichter als früher: Die Kirch-Pleite und das öffentliche Interesse daran hätten das unterstrichen. „Zapp“ will, auch wenn es keine „qualifizierte Quotenvorgabe“ gibt, ein breites Publikum ansprechen. Das muss wohl auch so sein, denn die Branche selbst ist als Zuschauergruppe – auch ohne Quotenerwartung – dann doch zu klein. Ob Medienthemen indessen für ein breiteres Publikum so sehr an Bedeutung gewonnen haben, dass es den Sonntagabend dafür opfern will, muss sich noch zeigen. Programmdirektor Kellermeier hat jedenfalls genau festgelegt, was bei „Zapp“ möglich sein soll: „Die einzige Grenze ist die der Langweiligkeit.“ Doch mit Verlaub: War die am Sonntag nicht schon erreicht?