vorlauf kunst Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Es sollte heute in dieser Kolumne sozusagen der Tag der offenen Tür sein. Mit Kunst, die nicht in Galerien zu sehen ist, sondern im normalen Alltag, beim Einkaufen zum Beispiel oder beim Pendeln im Berufsverkehr. Aber leider, wie es manchmal so geht, am Bahnhof Zoo, auf dem Großbildschirm der „BahnInform“ der Deutschen Bahn AG war absolut nichts von Iris Hoppes „Meeting Point“ (2002) zu entdecken. Stattdessen gab es n-tv, die Nachrichten, die Börse und dazwischen Werbung für ein Kunstevent im fernen Leipziger Hauptbahnhof. Und nirgends war auch nur eine einzige der 60 fragmentarischen Videosequenzen eingespielt, für die die Kölner Künstlerin beliebige Menschen gebeten hatte, sich vor laufender Kamera zu begrüßen. Immerhin, wer von Zoo nach Hamburg fährt, nach München oder Braunschweig, der sieht vielleicht dort die zwar inszenierten, doch persönlichen Begrüßungsgesten auf dem Bahn-Großbildschirmen öffentlich werden.

Auf Sony und seinen Style Store am Potsdamer Platz, wo auch die DB ihr Hauptquartier hat, ist da mehr Verlass als auf ihren Mieter. „Six Animations“ heißt die Video-Installation von Gerwald Rockenschaub, und so laufen auch auf sechs Monitoren im Erdgeschoss sechs – in knalligen Farben, piktogrammartig, abstrakt organisierte – Computeranimationen. Dass Rockenschaub, „freundlich unterstützt“ durch seine Galerie Chouakri Brahms, seine hyper-ästhetischen, minimalistischen Loops im Style Store zeigt, ist bewusster Reflex auf Mode, Lifestyle und Layout-Kultur. Seine Animationen schaffen das Crossover von Kunst zu Kids – wahrscheinlich nicht ohne die Letzteren durch die absolut botschaftslose Bildhaftigkeit der Loops zu irritieren, die Kunst und Konsum trennt (Sonys Hintergrund-Muzak muss als Boycott-Versuch gelten).

Anregungen: vorlauf@taz.de

Freitag kommt Konzert