Schienen-Theater

■ Ossetong siegt über die Deutsche Bahn

Von Meppen bis ins holländische Veendam fährt man rund 600 Kilometer – zumindest mit der Bahn. Die beiden Städte liegen zwar nur rund 70 Kilometer Schienenstrecke voneinander entfernt – aber auch nach Sanierungsarbeiten ist ein Teilstück noch geschlossen. Also führt der Weg zwangsweise über Hannover und Rotterdam, eine etwa 600 Kilometer lange Reise.

Diesen Riesenumweg über Rotterdam wollte Jens-Erwin Siemssen von der Theatergruppe „Das letzte Kleinod“ nicht fahren. Und der Theater-Mann hat das Unmögliche geschafft: Er hat sich gegen die Deutsche Bahn durchgesetzt. Nach mehrtägigem Telefonkampf darf die deutsch-niederländische KünstlerInnengruppe nun auch über das offiziell noch nicht in Betrieb genommene Teilstück rollen, um in Veendam wie geplant ihr Stück „Ossetong“ aufzuführen, das von der Torfstecher-Arbeit erzählt (die taz berichtete).

Dabei ist Rollen fast schon zu viel gesagt: Zwar geht es um 14 Uhr im emsländischen Meppen los und gegen 15.30 Uhr sollen die Kleinod-Leute das Dorf Irhove erreichen – den Ort, an dem das offiziell befahrbare Schienen-Netz endet. Von dort aus schiebt eine Lok den Zug bis zur deutsch-niederländischen Grenze. Geplante Dauer: drei Stunden für 17 Kilometer. Für 19 Uhr ist auf der Grenze eine Vorstellung des Stücks „Ossetong“ angesetzt. Erst morgen dann zieht eine niederländische Lok den Kunst-Zug weiter nach Veendam. Eine Langsamfahrt.

„Normalerweise ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dass wir alle Genehmigungen von den beteiligten Bahngesellschaften zusammen-bekommen haben. Aber es hat geklappt“, freut sich der Theater-Dickkopf Siemssen. Auch für die nächste Hürde, die Fahrt über die „Friesland-Brücke“, hat er vorgesorgt. Wenn dort heute außerplanmäßig der Theaterzug ankommt, wird dort – außerplanmäßig – auch ein Brückenwärter sein. Obwohl dort normalerweise ab 17 Uhr kein Mensch mehr Hebel betätigt und tagsüber sonst immer Binnenschiffer Vorfahrt haben.

3.500 Euro Transportkosten muss die Kleinod-Truppe für die 70 Kilometer-Strecke zahlen. „Das ist viel. Woher wir das Geld nehmen, wissen wir noch nicht genau“, sagt Siemssen. Die Umweg-Strecke über Rotterdamm hätte nur rund 1.700 Euro gekostet. „Aber ich will da lang!“ Zur Not würde Siemssen dafür auch in die eigene Tasche greifen. Das ist ihm der kleine Sieg über die Bahn wert.

Ulrike Bendrat