Stoibers Mister X

Spannung bei der CSU vor der Listenaufstellung: Wer mit nach Berlin muss, scheidet als Nachfolger in München aus

MÜNCHEN taz ■ Schon diese Woche fällt die CSU womöglich eine Vorentscheidung, wer Edmund Stoiber als bayerischen Ministerpräsidenten beerben soll. Der Parteichef und Kanzlerkandidat hat sich ausbedungen, auf Platz fünf der Landesliste für die Bundestagswahl einen Überraschungskandidaten vorzuschlagen. Gehandelt für das Berlin-Ticket werden auch die Favoriten für die Stoiber-Nachfolge: Innenminister Günther Beckstein und Staatskanzleichef Erwin Huber. Falls einer der beiden von Stoiber in den Bundestag abkommandiert würde, fliegt er erst einmal aus dem Rennen um den Ministerpräsidentenposten und der andere würde zum Kronprinzen.

Hinter verschlossenen Türen stellen die CSU-Delegierten am Samstag in München ihre Bundestagsliste auf. Vor vier Jahren geschah das noch öffentlich. Dieses Jahr will Edmund Stoiber die Kandidaten auf einer anschließenden Pressekonferenz präsentieren. Für wen der Platz fünf freigehalten werden soll, will er bis dahin nicht verraten. Erst am Freitagnachmittag berät er sich mit den CSU-Bezirksvorsitzenden.

Obwohl die Listenplätze heiß begehrt sind, billigt die Partei Stoibers Vorgehen. „Das muss selbstverständlich möglich sein“, sagte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos. Weil die Landesgruppe den Parteichef zur Kanzlerkandidatur gedrängt habe, lasse sie ihn nun beim „Mister X“ freie Hand. Auch der Vorsitzende des Münchner Bezirksverbandes Johannes Singhammer befürwortet, dass Stoiber einen „mitnimmt, den er für die Regierung braucht“.

Ausgemacht sind immerhin die ersten vier Listenplätze: Stoiber selbst, Dagmar Wöhrl, Michael Glos und Horst Seehofer. Ob die Nummer fünf überhaupt in den Bundestag gewählt wird, ist nicht einmal ganz sicher. Denn zunächst kommen die direktgewählten Abgeordneten zum Zug. Glos geht aber davon aus, dass drei reine Listenkandidaten in das Parlament einziehen. Nur eins steht fest: Falls Stoiber nicht die Wahl gewinnt, bleibt er als Ministerpräsident in München. OLIVER HINZ