Eine Region setzt auf Zukunft

Die Energiewende im Raum Hegau am Bodensee ist machbar. Energie muss aber effizienter, und Geothermie intensiver genutzt werden. Studie über das technische Potenzial regenerativer Quellen

Die Region Hegau westlich des Bodensees soll innerhalb der nächsten 30 Jahre „ausschließlich oder zumindest weit gehend aus erneuerbaren Energien versorgt werden“. Das jedenfalls ist das Ziel der Solarcomplex GmbH, die von rund 70 Bürgern, Firmen und Institutionen als Gesellschafter getragen wird.

In einer so genannten Potenzialstudie hat man ein 800 Quadratkilometer großes Gebiet mit rund 265.000 Einwohnern untersucht, das in etwa den politischen Landkreis Konstanz umfasst. Damit habe man, so die Autoren, erstmals einen Überblick über das Potenzial erneuerbarer Energien der Region Hegau gewonnen.

Analysiert wurden ausdrücklich die technisch verfügbaren Potenziale. Damit habe man „eine Entwicklung gedanklich vorweggenommen, die als unausweichlich gilt: die Verteuerung der fossilen Energieträger durch ihre Verknappung, so Bene Müller von Solarcomplex. Ergebnis: Um den Energiebedarf im Landkreis Konstanz zu decken – Strom und Wärme, ohne Verkehr –, sind rund 5.200 Gigawattstunden (GWh) nötig. Auf Strom entfallen dabei 1.500 und auf Wärme 3.700 GWh. Das Potenzial erneuerbarer Energien beträgt demgegenüber laut Studie immerhin 2.170 GWh, davon 543 GWh zur Stromerzeugung aus Photovoltaik, Wasser, Wind, Geothermie und Biomasse. Die Differenz zwischen technisch erschließbarem Angebot und Bedarf beträgt also rund 3.000 Gigawattstunden.

Damit wird zweierlei deutlich, so ein Fazit der Untersuchung: Wenn die Region sich energetisch selbst versorgen will, muss die Effizienz der Energienutzung verbessert und der Verbrauch um ein bis zwei Drittel gesenkt werden. Außerdem: Ohne Geothermie geht nichts. Dieser Bereich sei zurzeit „deutlich unterrepräsentiert“. Als Grund vermutet man, dass sich die Kosten zur Erschließung geothermischer Quellen in einer Größenordnung bewegen, die mit privaten Kleinstinvestitionen – anders als beispielsweise bei Solaranlagen – kaum zu decken sind.

Insgesamt ist die Studie konservativ gehalten, um sie so wenig angreifbar wie möglich zu machen. So blieben im Segment Photovoltaik beispielsweise Fassadenanlagen ebenso außen vor wie etwa die mögliche Überdachung von Parkplätzen. Würde mittelfristig nur jeder fünfte Stellplatz mit einer Solarstromanlage überdacht, ergebe sich allein schon daraus ein zusätzliches Potenzial von weiteren 30 Gigawattstunden.

Die Energiewende biete indes nicht nur energetisches Potenzial, sondern sei gleichsam ein „Schlüsselelement regionaler Wirtschaftsförderung“: Die „Importkosten“ für Primärenergie werden gesenkt, die Wertschöpfung der Erschließung bleibe vor Ort, im Handwerk und bei technischen Dienstleistungen würden Arbeitsplätze geschaffen in Produktion, Installation und Wartung.

Die Ergebnisse der Potenzialstudie sind gut lesbar aufbereitet und verständlich auf 100 Seiten zusammengefasst. Auch der Laie, der sich womöglich erstmals mit diesem Thema befasst, kann den Inhalt rasch und bequem erfassen – und daraus die notwendigen Aufgaben für die nahe Zukunft ableiten. ANDREAS LOHSE

Studie: Erneuerbare Energien in der Region Hegau/Bodensee. Kostenlos erhältlich bei Solarcomplex GmbH, Ekkehardstr. 10, 78224 Singen, Tel. (0 77 31) 78 95 47, www.solarcomplex.de