Spitzenkräfte von der grünen Insel

Rund 16.000 Iren leben in Deutschland. In Vereinen und Pubs pflegen sie mehr oder weniger intensiv die Kultur ihres Heimatlandes. Vor allen Dingen sind viele von ihnen willkommene Arbeitskräfte mit einer exzellenten Ausbildung

von CHRISTINE BERGER

Cormac spielt gerne Petanque, hat Russisch studiert, raucht Gauloises und lebt seit drei Jahren in Deutschland. Dass er gebürtiger Ire ist, mag man kaum glauben angesichts seiner schwarzen Haare und dem eher dunklen Teint. „Du siehst irischer aus als ich“, gibt er genüsslich der Autorin zu Protokoll.

Wahrscheinlich seien seine Vorfahren gestrandete Seeleute der spanischen Armada, die einst im Krieg gegen England sang- und klanglos unterging. „Die meisten denken, Iren sind stets freundlich besoffen, rothaarig und stammen aus einem unterentwickelten Land“, bringt er gleich mehrere Klischees auf den Punkt, die er in Deutschland immer wieder zu hören bekommt.

Dass es ihn nach Berlin gelockt hat, verdankt der 29-Jährige befreundeten irischen Architekten, die Anfang der 90er-Jahre an der Spree ihr Geld verdienten. „Aber als ich kam, waren die längst alle schon wieder weg“, so der Angestellte bei der Deutschen Welle. Er fand es relativ einfach, sich in die deutsche Kultur einzuleben. Dass er für immer bleiben will, glaubt er dennoch nicht. „Ich vermisse die englische Sprache“, gesteht der Dubliner, der sein einwandfreies Deutsch in vielen Tagen und Nächten in einer Kreuzberger Wohngemeinschaft erlernt hat. Was ihn sehr gewundert hat, war die Frage einiger deutscher Freunde, weshalb er überhaupt Deutsch lerne. „Sie meinten ganz ernsthaft, dass ihre Sprache doch überhaupt keine Rolle spiele in der Welt.“ Im Gegensatz zu vielen Landsleuten geht Cormac eher selten in Pubs. Nur am St. Patricks Day, dem irischen Nationaltag, hat er sich dieses Jahr in einen grünweißen Pullover gezwängt und ist im Berliner „Emerald Isle“ versackt. „Das war aber eher Spaß, so wie Karneval.“ Der Emerald Isle im Stadtteil Kreuzberg ist für viele Iren eine Art Heimstatt.

Auch Hillary Kavanagh, die beim Jazz Radio arbeitet, trifft dort regelmäßig deutsche und irische Freunde. „Eigentlich wollte ich nur einen Sommer herkommen“, so die 29-Jährige aus Cork. Mittlerweile sind es sechs Jahre geworden. „Die irische Community ist in Deutschland ist eher klein, aber dafür umso offener“, weiß sie. Auch sie hat sich schnell in Deutschland zu Hause gefühlt, nur mit den Behörden hat sie ihre Probleme. „Man braucht Geduld und muss direkter sein als in Irland.“

Rund 16.000 Iren leben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Besonders rege pflegt die Münchner Community die irische Kultur. Die alljährliche Parade zum St. Patricks Day brachte auch in diesem März wieder rund 10.000 Menschen auf die Straße und ist damit die größte irische Parade auf dem europäischen Festland. Einer der Mitinitiatoren der Parade ist Frank MacLynn. Ihn hat der berühmte Zufall nach Deutschland gebracht. „Auf dem Weg von New York nach Irland musste ich in Düsseldorf umsteigen, und da habe ich mir überlegt, mir mal Deutschland anzusehen.“ Das ist jetzt 22 Jahre her, und der Zug, der ihn nach München fuhr, hat dem 49-Jährigen ein neues Zuhause beschert. Schnell fand er einen Job als Englischlehrer, ein paar Jahre später gründete er mit anderen den Deutsch-Irischen Freundschaftskreis Bayern e. V., dessen Logo ein Kleeblatt auf blauem Bayernkaro ist. Regelmäßig veranstaltet McLynn mit anderen Irlandbegeisterten irische Tanzabende. Dann wird der Ceili, ein gälischer Tanz, zu traditioneller irischer Musik aufgeführt. Zwei- bis dreimal im Jahr zieht es McLynn mit seiner Frau, der Schottin Alison Mofat, in die alte Heimat. Wenn er an die Zukunft denkt, hat er Lust, eine Weile mal wieder in Irland zu leben. „Sechs Monate hier, ein halbes Jahr dort – das wär’s.“