Ruderboot mit Liebenden

„Lass mich dein Lustknabe sein“: Das Theater N.N. inszeniert eine musikalische Rückschau der wechselvollen Beziehung von Kurt Weill und Lotte Lenya

Das Theater N.N. hat zum zweiten Schlag ausgeholt. Und er landete sauber und präzise. Mit dem MusikTheaterStück Lass mich dein Lustknabe sein fährt das Off- Theater nach Umzug und Umbau weiter in Richtung Repertoire-Spielbetrieb. Die Darstellung der Beziehung von Lotte Lenya und Kurt Weill, die jetzt Premiere hatte, zeichnet sich vor allem durch Ruhe aus. Die Bühne besteht aus zwei Podesten. Eines für sie, das andere für ihn. Das Linnerl und ihr Weillchen, wie sie sich in ihrem Liebes-Briefwechsel nannten. Dazwischen: ein Ruderboot.

„In diesem Boot habe ich Kurt Weill kennen gelernt“, verkündet die Lenya. Sie holte ihn einst vom Bahnhof ab und nahm ihn der Abkürzung wegen mit übers Wasser. Das Paar hatte später gemeinsam großen Erfolg. Erst in Europa und dann in der amerikanischen Emigration, nachdem er sie mit über den großen Teich genommen hatte. Sie heirateten zwei Mal.

Das ist die facettenreiche Geschichte, die Regisseur Dieter Seidel mit seinen SchauspielerInnen an diesem Abend im Theater N.N. erzählt. Grundlage der Inszenierung bilden die veröffentlichten Briefe von Weill und Lenya. Dabei sind der Lebens- und Beziehungsgeschichte des Paares die Musikstücke zugeordnet, die er schrieb und sie sang. Liebeslieder folgen auf Versöhnungsszenen. Nach einem Streit erklingt Weills Lied Je ne t‘aime pas. Ob die Zuordnungen der Lieder zur Weillschen Biographie einer historischen Wahrheit entsprechen, lässt sich nicht beurteilen.

Doch darum geht es auch gar nicht. Das Prinzip funktioniert im Stück, und Christine Jensen und Sören Fenner überzeugten bei der Premiere nicht nur stimmlich: Die Idee, die Wechselbäder dieser Beziehung in Szene zu setzen, stammt von der Schauspielerin Jensen, die sich intensiv mit den Briefen des Paares beschäftigte. Im Theater N.N. fand sie den richtigen Rahmen für das Projekt.

Weill-Darsteller Fenner ist Absolvent der Stage School und singt sonst in Musicals. Die beiden hätten sich in den Proben erst mit ihren Arbeitsstilen aneinander gewöhnen müssen, erzählt Fenner: „Ich brauche eine Form, um zur Freiheit zu gelangen. Sie braucht am Anfang die totale Freiheit, um zu einer Form zu gelangen.“ Gecoacht wurde dieser Prozess von Theaterchef Seidel mit seiner speziellen Arbeitsweise: Er stellte Fragen. Anscheinend die richtigen.

Christian Rubinstein

nächste Vorstellungen: 2.-5. und 16.-19. Mai, jeweils 20 Uhr, Hellkamp 68, Kartentelefon: 38 61 66 88