Die volle Breitseite

Für die politischen Kabarettisten von Alma Hoppe ist Schill absolut satiretauglich. Plötzlich funktionieren auch Hamburger Themen

„Schill ist für einen Lacher ein genauso prominentes Opfer wie Stoiber.“

von PETER AHRENS

Als erstes gab es Geld vom neuen Senat. Für Jan-Peter Petersen und Nils Loenicker bedeutete das zunächst mal ziemlich viel Klärungsbedarf. Ausgerechnet Ole von Beust und Ronald Schill gewähren Fördermittel für das Alma Hoppe Lustspielhaus in Eppendorf, da wo das politische Kabarett gepflegt wird – und das heißt im Zweifelsfall linkspolitisches Kabarett. „Wir hatten das Geld für eine Belüftungsanlage unseres Theaters schon längst beantragt, noch zu Zeiten des Vorgängersenats“, versucht Petersen die Wogen zu glätten, die bei manchem Alma Hoppe-Stammgast nach dieser Nachricht aufgelaufen waren. Von einem Arrangieren mit dem Rechtssenat könne jedenfalls keine Rede sein. Denn wie man zur neuen Hamburger Stadtregierung steht, daraus machen die beiden Theaterchefs keinen Hehl: „Wir schießen volle Breitseite gegen diesen Senat.“

Kann man über von Beust lachen? Ist Schill eine lächerliche Figur? Für Petersen ist das keine Frage. „Schill ist für einen Lacher des Publikums ein ähnlich prominentes Opfer wie Stoiber.“ Was für einen Ortwin Runde oder einen Hartmuth Wrocklage noch längst nicht galt. Früher war das für Petersen und Loenicker, deren neues Programm als Alma Hoppe morgen Premiere feiert, ganz klar: Hamburger Themen funktionierten im Lustspielhaus nicht. „Früher etwas über Hamburg, das hat im Publikum keinen interessiert – ob vor die Haustür eine Ampel kommt oder nicht, das war absolut nicht kabarettreif.“ Das hat sich seit der Bürgerschaftswahl geändert. Das damals aktuelle Programm musste wegen Schill und 11. September komplett umgeschrieben werden, und das hat das Publikum auch verlangt: „So etwas wie BSE, das im April des Vorjahres noch großes Thema war, wollte ab September niemand mehr hören.“ Ein Hamburg-Block ist somit in dem politischen Nummernkabarett von Alma Hoppe nun fester Bestandteil. Ganz anders sieht es beim Thema Bundestagswahl aus: „Da hab ich das Gefühl, dass das niemanden im Moment wirklich interessiert.“ Also ist es auch noch kein Kabarett-Thema. Das soll sich ab Juni ändern, wenn Petersen und Loenicker gemeinsam mit den Kabarett-Dinos Hans Scheibner und Alma Hoppe-Regisseur Henning Venske als „Die Spitzenkandidaten“ im Wahlkampf auf die Bühne klettern.

Wenn sich morgen abend der Kabarett-Vorhang zur Erstaufführung des neuen Alma Hoppe-Programmes hebt, dann sitzen jedenfalls von Beust und Kultursenatorin Dana Horáková nicht im Publikum. „Bürgermeister und Kultursenatorin haben selbstverständlich Einladungen bekommen“, lächelt Loenicker – die Absagen kamen postwendend. Bis auf die Verantwortlichen auf Bezirksebene lässt sich die Polit-Prominenz nicht im Kabarett sehen, um sich eventuell selbst auslachen zu müssen. So bleibt Alma Hoppe das Schicksal der Münchener Lach- und Schießgesellschaft erspart. Denen saß dereinst bei den Live-Übertragungen im Fernsehen genau die sich amüsierende Nomenklatura vor der Nase, die auf der Bühne der Lächerlichkeit preisgegeben werden sollte.

Für ihr diesjähriges Jahresprogramm „Auf verlorenem Posten“ haben sich Loenicker und Petersen allerdings ein Thema ausgesucht, das erst auf den zweiten Blick mit Schill zu tun hat. Die beiden Kabarettisten haben sich die Globalisierung als Thema erwählt – was sperrig genug klingt, um es als „Herausforderung, so etwas kabarettistisch zu machen“, zu begreifen.

Alma Hoppe-Programm „Auf verlorenem Posten“. Premiere morgen 20 Uhr