Dem Teufel hold?

■ Walpurgisnacht : Bremer „Hexen“ durch die Jahrhunderte: Was früher auch im liberalen Bremen auf den Scheiterhaufen führen konnte, ist heute ein besserer Partygag

Heute ist Walpurgis(-nacht). Für Hexen- und Teufelsbegeisterte Grund genug, das „Walpurgis-Pauschalprogramm“ des Harzstädtchens Hahnenklee zu buchen: Busfahrt zum Hexentanzplatz, „teuflischer Kräuter-Likör, Hahnenkleer Höllenfeuer'“ und Kurtaxe inklusive.

Von Hexen-Kommerzialisierung und Walpurgis-Nacht-Parties hält die Historikerin Hannelore Cyrus nicht viel. Sie hat sich mit der Bremer Ausprägung des Hexenwahns im 15. und 16 Jahrhundert beschäftigt. „Die Verfolgungen waren ein handfestes Geschehen. Das kann man nicht einfach wegfeiern“. Damals hätte sich sicherlich keine Frau selbst als „Hexe“ bezeichnet, im Gegensatz zu heute, da keine Gefahr droht.

Der erste Prozess wegen Zauberei traf die „Toversche“ (Zauberin) Geseke Bruns. In Bremen sprach man nicht von Hexen. Mit dem Scheiterhaufen, auf dem Geseke Bruns 1503 verbrannte, begann an der Weser die Zeit der Hexenprozesse, die 250 Jahre dauerte, bis 1751.

Die beiden letzten Todesurteile trafen 1603 Gretke Kramers und Pellcke Stubben. Danach sind keine Todesurteile wegen Zauberei mehr überliefert. Als die beiden verbrannt wurden, war Gretke Kramer schon tot, gestorben an den Folgen der Folterungen, durch die ihr Geständnis erzwungen worden war. Dass ihr Leichnam verbrannt wurde, erklärt Wilhelm Tacke, Pressesprecher der katholischen Kirche in Bremen, mit dem Auferstehungsglauben seiner Kirche: Ein Mensch hatte nach Tod und Fegefeuer nur dann eine Chance darauf, wieder beseelt zu werden, also aufzuerstehen, wenn sein Körper noch vorhanden war. Das Feuer bedeutet die totale Vernichtung. Und nur so konnte der Teufel, mit dem die Verurteilten eine „Buhlschaft“ eingegangen waren, ausgetrieben werden. Das Geständnis von Pel-lecke Stubbe ist erhalten. Interessant: Es gibt zwei Varianten. In der zweiten waren die Namen von Söhnen aus angesehenen Bremer Bürgerfamilien getilgt, die Stubbe genannt hatte. Vermutlich fürchtete das Gericht Schwierigkeiten.

Bei aller Grausamkeit der Verfolgung scheint Bremen ein relativ ruhiges Pflaster gewesen zu sein, sagt die Historikerin Cyrus: „Der Hexenwahn war in Bremen, wie insgesamt in Norddeutschland, nicht so stark ausgeprägt wie anderswo.“ Gründe? Sie kann nur spekulieren: „Vielleicht, weil Bremen eine überschaubare Stadt war, wo man sich kannte und wusste, wem man Zauberei zutraute.“ Oder, wie Wilhelm Tacke spekuliert, es lag am „Bremischen Wesen“: „Die Bremer haben sich ja auch aus dem blutigen Gemetzel des 30-jährigen Kriegs weitestgehend rausgehalten. Warum nicht auch bei der Hexenverfolgung?“

Cyrus will mit Klischees aufräumen: Wer in einem Hexenprozess angeklagt war, musste nicht unbedingt sterben: „In Bremen sind Beschuldigte auch wieder freigelassen worden.“ Ein Beispiel: Die Bremerin Gretke von Essen hatte in ihrem Prozess 1565 ihre Magd, „die Ehmkersche“, und deren Tochter Wybke als Toversche beschuldigt. Die beiden hatten Glück: Das Gericht ließ sie laufen. Was in Bremen auch möglich war: 1503 besuchte der Kardinal Raimund von Gurk die Stadt und bat bei der Gelegenheit darum, zwei wegen Zauberei verurteilte Frauen freizulassen. Der Rat entsprach seiner Bitte.

Dennoch: In Bremen starben 14 Frauen und ein Mann wegen Zauberei den Feuertod, fünf weitere Männer wurden gnädig mit dem Schwert enthauptet. „Das heutige muntere Treiben hat nichts mit den Hexen von damals zu tun“, sagt Hannelore Cyrus.

Ulrike Bendrat

„Dem Satan treu und hold seyn“, Vortrag und Diskussion mit Hannelore Cyrus, heute, 20 Uhr bei Belladonna (nur für Frauen).