Viel Blut für Öl

Mit der Ölförderung im Sudan ist der Krieg eskaliert. Hilfsorganisationen haben keinen Zutritt mehr zur Region

BERLIN taz ■ Die Aufnahme der Ölförderung im Sudan hat den Krieg eskalieren lassen. In einer gestern veröffentlichten Studie über die humanitäre Situation in der Ölförderprovinz Unity, auch als Western Upper Nile bekannt, kommt die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ zu dem Schluss, dass die Bevölkerung der Region „unweigerlich“ im Aussterben begriffen sei. Verweigerung des Zugangs zu Hilfe gehöre „zur Kriegstaktik“.

Sudans Regierung fördert seit 1999 Erdöl in der Provinz Unity. Diese ist Teil des nichtarabischen Südsudan, in dem Rebellen seit Jahrzehnten für die Unabhängigkeit kämpfen, und wird vor allem vom nomadischen Nuer-Volk bewohnt. Die Ölfelder werden von einem Konsortium aus malaysischen, chinesischen und kanadischen Firmen ausgebeutet und liefern derzeit 230.000 Barrel (rund 366 Mio. Liter) pro Tag. Weil sie eine Haupteinnahmequelle der Militärregierung des Sudan darstellen, sind die Ölfelder und ihre Infrastruktur bevorzugtes Angriffsziel der Rebellenbewegung SPLA (Südsudanesische Befreiungsarmee). Die Regierung wiederum hat Zivilisten angegriffen und deportiert. Beide Seiten sind laut „Ärzte ohne Grenzen“ für Gewalt gegen Zivilisten verantwortlich. Am schlimmsten scheint jedoch das Vorgehen der Regierung zu sein. Der Bericht spricht von „Luftangriffen, Abbrennen von Häusern sowie Zwangsdeportation“ aus der Nachbarschaft der neuen Straßen in den Ölfeldern. Humanitäre Hilfe werde massiv behindert. „Mindestens ein Drittel“ der Provinzbevölkerung – also mehrere hunderttausend Menschen – sei an Seuchen gestorben, die wegen der Sperrung weiter Landesteile für Hilfsorganisation nicht behandelt würden, so der Bericht.

Die im Sudan tätigen Ölkonzerne behaupten demgegenüber, ihre Tätigkeit komme der Bevölkerung der Ölfelder zugute. Mittlerweile aber versucht die kanadische Firma Talisman, ihre Sudan-Anteile nach Indien zu verkaufen, und die schwedische Lundin Oil hat „aus Sicherheitsgründen“ ihre Ölsuche im Sudan eingestellt. Seit letzter Woche werden aus Unity heftige Kämpfe gemeldet, und seit 1. April ist die Region für UN-Hilfslieferungen gesperrt. DOMINIC JOHNSON