Um Wünsches Wünsche Willen

Hamburgs langjähriger Oberbaudirektor Egbert Kossak und Bau-Mogul Kai Wünsche stehen seit heute vor dem Landgericht. Es geht um 200.000 Mark für ein Sahnestück an der Alster, die für eine Sondergenehmigung geflossen sein sollen

Ein Nachbar hegte den Verdacht, da müsse Geld unterm Tisch geflossen sein. Er kassierte eine Klage wegen über Nachrede.

von Magda Schneider

Der gültige Bebauungsplan und die Bauvorschriften gaben es nicht her: Dennoch bekam der Immobilien-Mogul Kai Wünsche eine Genehmigung von den Behörden, um das Sahnegrundstück Schöne Aussichten 29/30 an der Alster in unmittelbarer Nähe des Gästehauses des Hamburger Senats bebauen zu dürfen. Ab heute müssen sich Ex-Oberbaudirektor Egbert Kossak und Wünsche wegen Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Kossak soll als oberster Bauherr Hamburgs von Wünsche 200.000 Mark kassiert haben, damit dieser sich seine Wünsche erfüllen konnte.

Es wird ein Verfahren der gehobenen Klasse, nicht nur, weil die Promi-Anwälte Johann Schwenn und Otmar Kury die Verteidigung übernommen haben, sondern weil die Verstrickungen womöglich in die höchsten Spitzen von Gesellschaft und Politik reichen. Schon zu seinen Amtszeiten liebte es Kossak, sich in feineren Kreisen zu bewegen, so manchen namhaften Architekten und Investoren konnte er zu seinen Segelfreunden zählen.

Kossak war 1981 vom damaligen SPD-Bausenator Volker Lange als oberster Stadtplaner an die Elbe gerufen worden. Doch schon schnell musste er erkennen, das Hamburg und der rote Filz ihre eigenen Gesetze haben und der neue Bausenator Beton-Eugen Wagner von Stadtplanung überhaupt nichts hielt. Und so hangelte sich der Mann in den Jahren seines Wirkens, der auffällige Fliegen statt dezenter Krawatte bevorzugt, stets an Einzelprojekten entlang. Die Perlenkette am Hafenrand geht ebenso auf sein Konto wie rote Klinkerbaufassaden und Nobel-Passagen.

Dabei liebte der selbstdarstellerische Kossak stets die Tuchfühlung zu Investoren und Architekten, wurde wegen seiner Ausschreibungspraxis aber oft gerügt, da immer dieselben den ersten Preis gewannen. Und dann liegt irgendwann der Verdacht nahe, er könnte einer Versuchung erlegen sein.

Als das Bezirksamt Hamburg-Nord Wünsche 1997 die Genehmigung für das Grundstück Schöne Aussicht 29/30 wider alle Vorschriften erteilte, hegte ein Nachbar bereits den Verdacht, da müsse Geld unterm Tisch geflossen sein. Er kassierte eine Klage wegen übler Nachrede.

Letzlich kam der Stein 1998 ins Rollen, wenige Monate, nachdem der neue grüne Stadtentwicklungssenator Willfried Maier Kossak in die Wüste geschickt hatte. Über den Star-Anwalt Gerhard Strate erstattete der Ex-Geschäftsführer von Wünsches Baufirma IHK Anzeige wegen Korruption gegen Kai Wünsche. Er will dabei gewesen sein, als ein brauner Briefumschlag mit den 200.000 Mark im Auftrag Wünsches in einem Büro der neu geschaffenen Stadtentwicklungsbehörde den Empfänger wechselte. Als Gegenleistung soll Kossak dafür gesorgt haben, dass dem Bauunternehmer für das 8000 Quadratmeter große baumbestandene Areal eine „Befreiung“ erteilt wurde, um sein Konzept für zwei dreigeschossige Stadtvillen umzusetzen.

Aufgrund der Aussage des Ex-Mitarbeiters durchsuchte das Polizei-Dezernat Interne Ermittlungen in einer spektakulären Aktion Kossaks und Wünsches Büro- und Privaträume. Die Ermittlungen mündeten im Januar 2001 schließlich mit der Erhebung von Anklagen gegen beide.

Doch das zuständige Landgericht Hamburg wollte die Anklage zunächst nicht zulassen, sondern nur einen Teilaspekt verhandeln. So soll Kossaks Ehefrau wegen des Deals einen lukrativen Job in einem der Wünsche-Unternehmen bekommen haben.

Das Oberlandesgericht verdonnerte schließlich auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft das Landgericht dazu, alle Anklagepunkte zu untersuchen, da sie von der Logik her in einem kausalen Zusammenhang stehen. Daher werden heute mit Spannung die Einlassungen von Wünsche und Kossak erwartet.